37Leistungsklage auf Kostenübernahme für eine notwendige Anstaltspflege
Leistungsklage auf Kostenübernahme für eine notwendige Anstaltspflege
Eine Sozialrechtssache nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG setzt voraus, dass zwischen dem Versicherten und dem Sozialversicherungsträger entweder der Grund, die Höhe oder das Ruhen eines Anspruches auf Versicherungsleistungen streitig ist. Nach § 65 Abs 2 ASGG fallen auch Feststellungen unter die Sozialrechtssachen, wobei aber eine Feststellungsentscheidung in Leistungssachen gem § 367 ASVG vorgesehen sein muss. Die Feststellung des Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit ist nicht vorgesehen. Es wäre nur ein Feststellungsbegehren, dass der Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach bestehe, aber derzeit ruhe, möglich und zulässig gewesen.
Der Anspruch des Versicherten auf die Sachleistung „Anstaltspflege“ ist nicht an die Kostenübernahmeerklärung des Versicherungsträgers gebunden. Vielmehr hängt der Anspruch ausschließlich von der Notwendigkeit der Behandlung in einer Krankenanstalt ab. Durch die Einweisung soll lediglich im Vorhinein geklärt werden, wer die Kosten der Anstaltspflege trägt. Eine fehlende Kostenübernahmeerklärung ist kein Ausschlussgrund für eine notwendige Anstaltspflege. Ob die Einweisungsvoraussetzungen zu Recht verneint wurden oder tatsächlich vorliegen, ist daher in einem auf Kostenübernahme gerichteten Leistungsstreitverfahren zu klären.
[...] Die Kl unterzog sich im Jänner 2020 einer – von der bekl Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) bewilligten – Magen-Bypass-Operation. Im Anschluss daran nahm die Kl bis Oktober 2020 stark ab, weshalb sie sich am 9.3.2021 im Klinikum W* einer weiteren Operation unterzog, bei der die durch die Gewichtsabnahme entstandene überschüssige Haut an den Oberschenkeln und den Oberarmen entfernt wurde. Als weiterführende Maßnahmen wurde ihr das Tragen einer Miederhose und eines Kompressionsboleros für sechs Wochen empfohlen.
Mit Schreiben vom 16.3.2021 teilte die Bekl der Kl überdies mit, dass die erfolgte Meldung ihrer Arbeitsunfähigkeit aufgrund der durchgeführten Oberarmund Oberschenkelstraffung mangels Bewilligung der Operation nicht anerkannt werden könne.
Mit Bescheid vom 15.10.2021 wies die Bekl den Antrag der Kl auf Kostenübernahme für die am 9.3.2021 im Klinikum W* erfolgte Oberarm- und Oberschenkelstraffung ab, den weiteren [...] Antrag auf Kostenerstattung zurück, stellte fest, dass der mit der Operation vom 9.3.2021 im Zusammenhang stehende Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nicht eingetreten sei, und sprach aus, dass die Kl keinen Anspruch auf Übernahme bzw Erstattung der Kosten für den Kompressionsbolero und die Miederhose habe.
Mit ihrer Klage begehrt die Kl die Feststellung, dass die Bekl verpflichtet sei, die Kosten für die Oberarm- und Oberschenkelstraffung sowie für den Kompressionsbolero und die Miederhose zu übernehmen [...] (Pkt 1.). Weiters begehrt sie die Feststellung, dass im Zusammenhang mit der Operation vom 9.3.2021 der Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit [...] eingetreten sei (Pkt 2.). Sie führt dazu aus, dass der Eingriff von den behandelnden Ärzten dringend empfohlen worden und zum Erhalt ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit auch unumgänglich gewesen sei. Abgesehen davon, dass sie ohnedies noch vor der Operation einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt habe, habe sie einen Ersatzanspruch jedenfalls in Höhe jenes Betrags, den die Bekl bei Inanspruchnahme einer Krankenanstalt, zu der keine Vertragsbeziehung bestehe, übernehmen hätte müssen. Andernfalls sei die Bekl ungerechtfertigt bereichert [...]. [...]
Die Bekl hielt dem entgegen, die Oberarm- und Oberschenkelstraffung hätte nur kosmetischen Zwecken gedient [...]. Selbst wenn eine medizinische Indikation zur Operation bestanden haben sollte, seien deren Kosten durch die von ihr nach § 447f ASVG geleisteten Zahlungen abgegolten. [...] Da die Kl Leistungen einer landesgesundheitsfondsfinanzierten Krankenanstalt (künftig: LGFKrankenanstalt) in Anspruch genommen habe, scheide eine Kostenerstattung oder ein Pflegekostenzuschuss nach § 150 ASVG aus. Mangels Krankheit iSd ASVG bestehe auch kein Anspruch auf Erstattung bzw Übernahme der Kosten der Heilbehelfe [...]. Für das Begehren auf Feststellung des Vorliegens von Krankenstand (der Arbeitsunfähigkeit) sei der Rechtsweg unzulässig. [...]
Das Erstgericht wies die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass bei der Kl zur Zeit der Operation kein Zustandsbild mit Krankheitswert vorgelegen sei. Zudem wären mit den von der Bekl geleisteten Beiträgen zur Krankenanstaltenfinanzierung die Kosten der Anstaltspflege in LGF-Krankenanstalten [...] ohnehin abgegolten. Hinsichtlich Pkt 2. des Klagebegehrens sei der Ansicht der Bekl zu folgen, dass dieses weder unter § 65 ASGG subsumierbar sei, noch vom taxativen Katalog des § 354 ASVG erfasst werde.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil aus Anlass der Berufung in Ansehung der Entscheidung über Pkt 2. des Klagebegehrens als nichtig auf, wies die Klage insoweit zurück und erklärte das dazu geführte Verfahren für nichtig. Im Übrigen, also im Umfang des Pktes 1. des Klagebegehrens, hob es das Ersturteil zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung auf.
Kern einer Sozialrechtssache sei die Gewährung oder Nichtgewährung von Versicherungsleistungen. Diese Voraussetzung sei zwar für Pkt 1., nicht aber Pkt 2. des Klagebegehrens erfüllt. [...]
Im Übrigen sei die Sache noch nicht spruchreif. [...] Soweit sich die Bekl auf § 447f Abs 8 ASVG berufe, übersehe sie, dass die Kl die Sachleistung Anstaltspflege nicht in Anspruch genommen, sondern den operativen Eingriff selbst bezahlt habe, sodass die 320 Leistungen des Klinikums W* auch nicht durch die nach § 447f ASVG geleisteten Beiträge für die Anstaltspflege abgegolten sein könnten. Wäre der Eingriff medizinisch notwendig gewesen, hätte die Kl zwar einen Anspruch auf Einweisung gem § 145 ASVG und auf Anstaltspflege gehabt. Da die Bekl die Übernahme der Kosten aber jedenfalls verweigert hätte, könne die Klage nur mehr auf § 150 Abs 1 Z 2 ASVG gestützt werden. [...]
Im Übrigen erklärte das Berufungsgericht den Rekurs für zulässig, weil sich der OGH mit der Frage, welche Ansprüche der Versicherte gegen den Versicherungsträger geltend machen könne, wenn er sich einer notwendigen stationären Anstaltspflege in einer LGF-Krankenanstalt unterziehe, für die der Versicherungsträger eine Kostenübernahme abgelehnt und der Versicherte die Leistung der Anstaltspflege daher privat bezahlt habe, noch nicht befasst habe. [...]
Ad I.
[...]
2. Eine die Zulässigkeit des Rechtswegs eröffnende Sozialrechtssache nach dem hier in Betracht kommenden § 65 Abs 1 Z 1 ASGG setzt voraus, dass zwischen dem Versicherten und dem Sozialversicherungsträger entweder der Grund oder die Höhe des Anspruchs auf Versicherungsleistungen oder das Ruhen eines solchen Anspruchs streitig ist (RS0085473; 10 ObS 41/24p Rz 11 ua). Wie schon vom Berufungsgericht betont, ist der Kern solcher Verfahren die Gewährung oder Nichtgewährung von Versicherungsleistungen (RS0085473 [T1]; 10 ObS 67/22h Rz 11 ua).
3. Nach § 65 Abs 2 ASGG fallen auch Klagen auf Feststellung unter die Sozialrechtssachen, was mangels einer Beschränkung für alle in § 65 Abs 1 ASGG erfassten Rechtssachen gilt (RS0114923; 10 ObS 50/23k Rz 14 ua). Nach dem Grundsatz der sukzessiven Kompetenz können die Sozialgerichte über ein Feststellungsbegehren aber nur dann entscheiden, wenn die Bestimmungen über das Verfahren vor den Versicherungsträgern eine entsprechende Feststellungsentscheidung in Leistungssachen vorsehen (§ 367 Abs 1 und 2 ASVG; RS0085830; 10 ObS 115/22t Rz 8 ua).
3.1. Dass im ASVG die Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit nicht vorgesehen ist, bezweifelt die Kl nicht.
3.2. Sie verweist vielmehr darauf, ein Begehren auf Leistung von Krankengeld nicht stellen zu können, weil sie im relevanten Zeitraum Anspruch auf Entgeltfortzahlung gehabt hätte [...] (§ 143 Abs 1 Z 3 ASVG). [...]
Bei dieser Argumentation übersieht die Kl, dass das Ruhen eines Anspruchs lediglich die Leistungspflicht des Versicherungsträgers sistiert, den Anspruch an sich aber nicht tangiert (RS0083756; vgl 10 ObS 78/23b Rz 19 ua). Wie schon das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, ist mit Blick auf § 65 Abs 1 Z 1 ASGG iVm § 354 Z 1 ASVG zwar ein Feststellungsbegehren dahin, dass der Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach bestehe, aber (derzeit) ruhe, möglich und zulässig.
4. Wenn das Berufungsgericht somit davon ausgeht, dass für das Feststellungsbegehren laut Pkt 2. der Klage der Rechtsweg verschlossen ist, entspricht das der Rsp. [...]
Ad II.
Der Rekurs der Bekl ist zur Klarstellung zulässig. Er ist im Ergebnis aber nicht berechtigt.
1. Gem § 144 Abs 1 ASVG ist (Anstalts-)Pflege grundsätzlich in der allgemeinen Gebührenklasse einer [...] LGF-Krankenanstalt zu gewähren, wenn und solange es die Art der Krankheit erfordert.
[...]
Unter dem im Gesetz nicht näher definierten Begriff „Anstaltspflege“ (§ 117 Z 2 iVm §§ 144 ff ASVG) wird die durch die Art der Krankheit erforderte, durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingte „einheitliche und unteilbare“ Gesamtleistung der stationären Pflege in einer Krankenanstalt verstanden. [...] Nach stRsp setzt die Anstaltspflege daher das Vorliegen von Krankheit iSd § 120 Abs 1 Z 1 ASVG (RS0106684 [T1]) respektive die Notwendigkeit der (stationären) ärztlichen Behandlung voraus (10 ObS 125/21m Rz 10; 10 ObS 50/11t ErwGr 2.2. ua).
1.1. Einweisung in eine LGF-Krankenanstalt
Wird Anstaltspflege gem § 144 ASVG gewährt, ist der Erkrankte (durch den Versicherungsträger) in eine LGF-Krankenanstalt einzuweisen (§ 145 Abs 1 ASVG). [...]
In den Fällen des § 145 ASVG gelten sodann ua folgende Grundsätze:
Nach § 148 ASVG sind die Krankenanstalten verpflichtet, die nach § 145 ASVG eingewiesenen Erkrankten [...] aufzunehmen (Z 1). Die Abrechnung der von den Krankenanstalten gegenüber sozialversicherten Patienten erbrachten Leistungen erfolgt ausschließlich über die Landesgesundheitsfonds (Z 2). Sämtliche Leistungen der Krankenanstalten sind mit den vom Landesgesundheitsfonds erbrachten Zahlungen (§ 27b Abs 2 bis 4 KAKuG) sowie dem Kostenbeitrag des sozialversicherten Pfleglings nach § 27a KAKuG abgegolten (Z 3). Mit Ausnahme der Kostenbeiträge nach § 27a KAKuG und § 447f Abs 7 ASVG haben der Krankenanstaltenträger und der Landesgesundheitsfonds gegenüber dem Versicherten, dem Patienten oder den für sie Unterhaltspflichtigen keinen Anspruch auf Gegenleistungen (Z 9 iVm Z 3).
Korrespondierend dazu ordnet § 447f ASVG ua an, dass die Sozialversicherungsträger [...] einen Pauschalbeitrag an die Landesgesundheitsfonds für Leistungen der LGF-Krankenanstalten leisten. [...]
1.2. Der Erkrankte kann aber auch in eine eigene Krankenanstalt des Versicherungsträgers oder eine andere, nicht landesgesundheitsfondsfinanzierte Krankenanstalt, mit der der Versicherungsträger in einem Vertragsverhältnis steht, eingewiesen werden (§ 149 Abs 1 ASVG). Die Abrechnung der erbrachten Leistungen erfolgt in dieser Konstellation nach den Abs 3 und 3a (Krankenanstalten, die am PRIKRAF teilnehmen), Abs 3b (sonstigen Privat-Krankenanstalten) oder Abs 4 (Krankenanstalten der AUVA) des § 149 ASVG.
1.3. Anstaltspflege in anderen Krankenanstalten
In diesem Fall hat der Versicherte nach § 150 Abs 1 ASVG an Stelle der Sachleistung einen Anspruch auf einen Pflegekostenzuschuss, wenn für die 321 Gewährung der notwendigen Anstaltspflege durch den Versicherungsträger nicht Vorsorge getroffen werden kann, weil LGF-Krankenanstalten oder Krankenanstalten nach § 149 Abs 3 ASVG nicht zur Verfügung stehen und Verträge gem § 149 ASVG nicht zustande kommen (Z 1) oder der Erkrankte in einer Krankenanstalt, mit der keine vertragliche Regelung gem § 149 ASVG besteht, ohne Einweisung durch den Versicherungsträger untergebracht wurde (Z 2).
2. [...] Während sich aber das Berufungsgericht der Ansicht von Schrammel, Die Sonderklasse als Wahlanstaltspflege, in Tomandl (Hrsg), Schnittstelle Krankenversicherungs- und Krankenanstaltenrecht (2004), 97 (106 f), anschließt, wonach ein Pflegekostenzuschuss gem § 150 Abs 1 Z 2 ASVG auch dann zusteht, wenn der Versicherte ohne Einweisung bzw „aus eigenem“ eine LGF-Krankenanstalt aufsucht, vertritt die Bekl den Standpunkt, dass sich das mit dem Wortlaut des § 150 Abs 1 Z 2 ASVG nicht in Einklang bringen lasse.
2.1. Der Auffassung der Bekl ist im Ergebnis zuzustimmen.
2.1.1. Nach seinem Wortlaut stellt § 150 Abs 1 Z 2 ASVG ausschließlich auf (Privat-)Krankenanstalten ab, mit denen keine vertragliche Regelung iSd § 149 ASVG besteht. Andere Krankenanstalten werden darin nicht genannt.
2.1.2. Demgemäß stützt sich Schrammel auf eine Lücke (vgl RS0106092; RS0098756 [T1]), was er damit begründet, dass die Regelungen über die Wahlanstaltspflege offenkundig davon ausgingen, bei Aufnahme des Versicherten in eine LGF-Krankenanstalt oder einer Krankenanstalt iSd § 149 ASVG werde immer die Sachleistung Anstaltspflege gewährt, weshalb das Entgelt dafür jedenfalls nicht vom Versicherten zu leisten sei. Es sei aber auch [...] denkbar, dass die Krankenanstalt „privat“ in Anspruch genommen werde. Begebe sich der Versicherte aus eigenem in eine LGF-Krankenanstalt, sei nicht einsichtig, ihm sowohl die Sachleistung als auch den Kostenzuschuss zu verweigern, wenn die tatsächlich gewährte Anstaltspflege aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht zwar nicht dringlich [...], aber notwendig gewesen sei.
Abgesehen davon, dass auch der vorliegende Fall in das gesetzlich vorgesehene System integriert werden kann [...], ist die Ansicht Schrammels und ihm folgend des Berufungsgerichts mit den Regelungen des § 148 Z 2 und 3 iVm § 447f ASVG nicht in Einklang zu bringen, mit denen die Versicherungsträger letztlich finanziell entlastet werden sollten (vgl Stöger in Mosler/Müller/Pfeil, SV-Komm § 148 ASVG Rz 15). Müssten diese einen Pflegekostenzuschuss für eine notwendige Anstaltspflege in einer LGF-Krankenanstalt zahlen, würde das das Gegenteil bewirken und zu einer (doppelten) Belastung der Versicherungsträger [...] führen. [...] Zu einer solchen Doppelbelastung kommt es im Rahmen des § 150 ASVG gerade nicht, weil die davon erfassten Krankenanstalten nicht in das Finanzierungssystem der Fälle der §§ 148, 149 ASVG eingebunden sind. [...] Für die Erstreckung der Rechtsfolgen des § 150 Abs 1 Z 2 ASVG auch auf die ohne Einweisung erfolgte Inanspruchnahme der Anstaltspflege in LGF-Krankenanstalten fehlt es daher an der notwendigen Übereinstimmung der maßgeblichen Merkmale des geregelten Falls mit dem vorliegenden Fall (vgl RS0008845).
2.2. Die Voraussetzungen für den vom Berufungsgericht gezogenen Analogieschluss sind daher nicht erfüllt. [...]
3. Das führt entgegen der Ansicht der Bekl aber nicht zur gänzlichen Abweisung der Klage.
Sie meint, dass eine private Inanspruchnahme einer LGF-Krankenanstalt für Leistungen im Rahmen der Anstaltspflege nicht vorgesehen und aufgrund der Systematik des ASVG auch nicht möglich sei. Demgegenüber geht das Berufungsgericht davon aus, dass nach Bezahlung der Behandlungskosten durch die Kl nur noch die Erstattung (hier in Form eines Pflegezuschusses nach § 150 Abs 1 Z 2 ASVG), aber keine Übernahme von Kosten mehr in Frage komme. Beide Ansichten überzeugen nicht.
3.1. Nach der Rsp folgt aus § 145 Abs 1 ASVG, dass die Kosten nicht vom Versicherungsträger zu übernehmen sind, wenn sich der Versicherte aus eigenem Antrieb [...] in die Anstaltspflege einer LGF-Krankenanstalt begibt, obwohl keine Dringlichkeit iSd § 145 Abs 2 ASVG vorliegt (10 ObS 2317/96z = DRdA 1997/41 [Binder]; so auch Felten in Tomandl/Felten, System 2.2.3. [240]). Ohne Einweisung durch den Versicherungsträger ist dieser nur dann zur Kostenübernahme verpflichtet, wenn die Anstaltspflege notwendig und unaufschiebbar war (10 ObS 10/10h ErwGr 3.4.; vgl RS0083970). Dem entspricht die Lehre, die der Einweisung insofern konstitutive Bedeutung beimisst (Schrammel aaO 100; Rill, Die rechtliche Problematik des Dreiecks „Sozialversicherungsträger – Krankenanstaltenträger – Sozialversicherter, in Tomandl [Hrsg], Sozialversicherung: Grenzen der Leistungspflicht [1975], 61 [90 f]).
3.2. Das bedeutet aber nicht, dass der Anspruch des Versicherten auf die Sachleistung „Anstaltspflege“ an die Kostenübernahmeerklärung des Versicherungsträgers gebunden ist [...] (Radner, Die Anstaltspflege im Wechselspiel von Sozialversicherungsrecht, Krankenanstaltenrecht und Krankenanstaltenvertrag [1995], 97). Dieser Anspruch hängt vielmehr ausschließlich von der Notwendigkeit der Behandlung in einer Krankenanstalt [...] ab. Der OGH hat auch schon zu 10 ObS 2317/96z betont, dass § 145 (Abs 2) ASVG im Grunde nur regelt, unter welchen Voraussetzungen die Anstaltspflege auf Rechnung des Versicherungsträgers zu erfolgen hat (in dem Sinn auch Stöger aaO, § 145 ASVG Rz 1). Durch die Einweisung soll lediglich für den Versicherten und den Krankenhausträger im Vorhinein geklärt werden, wer die Kosten der Anstaltspflege trägt [...].
3.3. Ist die Kostenübernahmeerklärung [...] nur Voraussetzung für die Übernahme der Kosten durch den Versicherungsträger, nicht aber für den Anspruch des Versicherten auf die Anstaltspflege an sich, muss sie auch nicht zwingend vor Inanspruchnahme der Leistungen einer LGF-Krankenanstalt vorliegen. Lehnt der Versicherungsträger die Übernahme der Kosten ab [...], folgt daraus nur, dass § 148 Z 9 ASVG – mangels Gewährung 322 der Leistungen iSd Z 3 – nicht zur Anwendung gelangt und der Krankenanstaltenträger daher die Pflegegebühren vom Versicherten einfordern kann. Ob die Einweisungsvoraussetzungen zu Recht verneint wurden oder tatsächlich vorliegen, ist dagegen in einem auf Kostenübernahme gerichteten Leistungsstreitverfahren zu klären. Obsiegt der Versicherte, ersetzt das darüber ergangene Urteil nachträglich die (konstitutive) Einweisung [...]. Das hat zur Folge, dass der Versicherte etwaige schon bezahlte Pflegegebühren vom Krankenanstaltenträger kondizieren kann (§ 1435 ABGB) und dieser im Gegenzug berechtigt ist, seine Leistungen mit dem Landesgesundheitsfonds abzurechnen (Radner aaO 97, 100 f; Felten aaO 2.2.3. [240]; Rill aaO 98).
3.4. Dagegen sprechen auch keine teleologischen Gründe, weil damit in letzter Konsequenz lediglich der „gesetzmäßige Zustand“ hergestellt und die Rechte und Interessen sämtlicher Beteiligten gewahrt werden: Der Versicherte, der den Ausgang des sozialgerichtlichen Verfahrens nicht abwarten will, muss die Kosten der Anstaltspflege in der LGF-Krankenanstalt zwar vorstrecken, kann sie von dieser aber zurückfordern, wenn sich ergibt, dass die Einweisungsvoraussetzung zu Unrecht verneint wurde. Sofern der Krankenhausträger mit der Honorierung seiner Leistungen nicht bis zum Abschluss des sozialgerichtlichen Verfahrens zuwarten will, muss er die vom Versicherten zuvor erhaltenen Beträge zwar zurückzahlen, kann seine Leistungen im Gegenzug aber nach § 27b KAKuG abrechnen. Der Versicherungsträger wird unabhängig vom Ausgang des sozialgerichtlichen Verfahrens mit keinen weiteren, dh über seine Pauschalbeiträge nach § 447f ASVG hinausgehenden Kosten für Leistungen der LGF-Krankenanstalten belastet (§ 447f Abs 8 ASVG).
3.5. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist nur noch zu klären, ob sich daran etwas dadurch ändert, dass die Kl die Bekl vor Inanspruchnahme der Anstaltspflege gar nicht befasst hat. [...] Ein Vorgehen, wie es die Kl gewählt hat, [...] tangiert den Anspruch auf Übernahme der Kosten aber nicht.
4. Zusammenfassend folgt, dass dem auf (nachträgliche) Übernahme der Kosten gerichteten Klagebegehren grundsätzlich keine Bedenken entgegenstehen. [...]
Es wird jedoch zu beachten sein, dass es sich bei der Kostenübernahmeerklärung des Versicherungsträgers um eine von diesem gegenüber der Krankenanstalt abzugebenden Willenserklärung handelt (Rill aaO 92; Radner aaO 87; vgl auch Felten aaO 2.2.3.4.). Die auf Kostenübernahme gerichtete Klage der Versicherten hat die Abgabe dieser Erklärung zum Ziel und ist daher nicht mit Feststellungs-, sondern mit Leistungsklage geltend zu machen (vgl RS0004556). [...]
Da nach dem Gesagten die Kl von der Bekl nur die Abgabe der Erklärung der Kostenübernahme, nicht aber Zahlung (diese kann sie allenfalls – wie ausgeführt – nur vom Krankenanstaltenträger nach § 1435 ABGB verlangen) begehren kann, ist die Sache betreffend das Zahlungsbegehren iSd Klageabweisung entscheidungsreif. [...]
5. Ob die Kl Anspruch auf Übernahme der Kosten der Anstaltspflege im Klinikum W* hat, hängt daher nur (mehr) vom Vorliegen von Krankheit [...] und der Notwendigkeit [...] der Anstaltspflege ab (oben II.1.). [...].
6. Aus den vorstehenden Erwägungen lässt sich daher folgender Rechtssatz formulieren:
Nimmt ein Versicherter aus eigenem, also ohne Einweisung durch den Versicherungsträger, Anstaltspflege in einer landesgesundheitsfondsfinanzierten Krankenanstalt in Anspruch, ohne dass die Voraussetzungen des § 145 Abs 2 ASVG vorliegen, führt das nicht zum Verlust seines Anspruchs auf die Sachleistung, sondern dazu, dass er die Kosten der Anstaltspflege zunächst selbst zu tragen hat. Dem Versicherten steht gegen den Versicherungsträger in dieser Konstellation kein Anspruch auf Ersatz bereits bezahlter Kosten, sondern weiterhin nur der Anspruch auf Kostenübernahme zu. Lehnt der Versicherungsträger die nachträgliche Kostenübernahme mit der Begründung ab, die Einweisungsvoraussetzungen wären nicht vorgelegen, ist diese Frage in einem auf Kostenübernahme gerichteten Leistungsstreitverfahren zu klären. Obsiegt dort der Versicherte, kann er etwaige schon bezahlte Kosten vom Krankenanstaltenträger zurückfordern. [...]
Die zentrale Rechtsfrage der gegenständlichen E ist, welche Ansprüche ein Versicherter gegen den Versicherungsträger geltend machen kann, wenn er sich einer notwendigen stationären Anstaltspflege in einer LGF-Krankenanstalt unterzieht, für die der Versicherungsträger eine Kostenübernahmeerklärung abgelehnt und der Versicherte die Leistung der Anstaltspflege daher privat bezahlt hat. Als weitere Rechtsfrage wird am Rande noch die Frage behandelt, ob ein Feststellungsbegehren, dass der Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit eingetreten ist, zulässig ist.
Hinsichtlich letzterer Rechtsfrage bringt der OGH – wenig überraschend – klar zum Ausdruck, dass Kern einer Sozialrechtssache die Gewährung oder Nichtgewährung von Versicherungsleistungen sei. Beim Begehren auf Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für einen bestimmten Zeitraum handle es sich nämlich nicht um ein Leistungsstreitverfahren, sodass insoweit der Rechtsweg unzulässig sei. Vielmehr sei ein Feststellungsbegehren dahingehend, dass der Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach bestehe, aber ruhe, möglich und zulässig, weil damit über das (Nicht-)Bestehen dieses Leistungsanspruches entschieden wird. Auf die von 323der Kl begehrte gerichtliche Feststellung, dass für einen bestimmten Zeitraum Arbeitsunfähigkeit vorliege, trifft das dagegen nicht zu, sodass eine solche Klage unzulässig ist.
Hinsichtlich des Begehrens der Kl auf Kostenerstattung spricht der OGH aus, dass der Anspruch des Versicherten auf die Sachleistung „Anstaltspflege“ nicht an die Kostenübernahmeerklärung des Versicherungsträgers gebunden ist [...]. Vielmehr hängt der Anspruch ausschließlich von der Notwendigkeit der Behandlung in einer Krankenanstalt ab. Eine fehlende Kostenübernahmeerklärung ist kein Ausschlussgrund für eine notwendige Anstaltspflege. Lehnt der Versicherungsträger die Übernahme der Kosten ab, folgt daraus, dass der Krankenanstaltenträger die Pflegegebühren vom Versicherten verlangen kann. Ob die Einweisungsvoraussetzungen zu Recht verneint wurden oder tatsächlich vorliegen, ist dagegen in einem auf Kostenübernahme gerichteten Leistungsstreitverfahren zu klären.
Unter dem Begriff „Anstaltspflege“ ist „die durch die Art der Krankheit erforderte, durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingte einheitliche und unteilbare Gesamtleistung der stationären Pflege in einer – nicht gem Abs 4 ausgenommenen – Krankenanstalt zu verstehen
“ (Schober in Sonntag [Hrsg], ASVG15 [2024] § 144 Rz 1). Voraussetzung für die Gewährung der Anstaltspflege ist das Vorliegen des Versicherungsfalls der „Krankheit“ im sozialversicherungsrechtlichen Sinne (vgl auch Resch, Sozialrecht8 [2020] 65; OGH10 ObS 315/00x SVSlg 48.361 = ZASB 2001, 44 = RdW 2001/771). So muss Behandlungsbedürftigkeit iSd §§ 120, 133 ASVG gegeben sein.
Bei der Beurteilung der Frage, wann eine Untersuchung bzw Behandlung in einer Krankenanstalt erforderlich ist, wird man sich am Begriff der Anstaltsbedürftigkeit in § 22 Abs 3 Fall 1 KAKuG zu orientieren haben (Stöger in Mosler/Müller/ Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 144 ASVG Rz 4 [Stand 1.3.2021, rdb.at]). Zu erörtern ist auch, wer Adressat des § 144 ASVG ist, nämlich der Versicherte und die Krankenversicherungsträger. In der Literatur wird dazu ausgeführt, dass sich die einzelnen Absätze der Bestimmung teils an die Krankenversicherungsträger und teils an die Versicherten richten (Stöger in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 144 ASVG Rz 2 [Stand 1.3.2021, rdb.at]). Abs 1 der Norm richtet sich primär an die Krankenversicherungsträger und bestimmt, unter welchen Voraussetzungen, in welchem Ausmaß und in welcher Krankenanstalt die Versicherungsleistung „Anstaltspflege“ zu gewähren ist.
Der Versicherungsfall der „Anstaltspflege“ wird grundsätzlich als Sachleistung gewährt. So ist der Erkrankte, wenn Anstaltspflege gewährt wird, in eine LGF-Krankenanstalt gem § 145 ASVG einzuweisen. Bei Gefahr in Verzug ist die Aufnahme in einer LGF-Krankenanstalt der Einweisung gleichzuhalten. Kommt es zu einer Einweisung des Versicherungsträgers nach § 145 ASVG, sind die Erkrankten in die allgemeine Gebührenklasse aufzunehmen. In welcher Form die Einweisung zu erfolgen hat, ist im ASVG nicht ausdrücklich geregelt. Der Wortlaut des § 145 Abs 1 ASVG würde einer Einweisung durch mit dieser Aufgabe betraute Personen (insb niedergelassene Vertragsärzte oder Ärzte der fondsfinanzierten Krankenanstalt) nicht entgegenstehen. In § 145 Abs 2 ASVG wird von der „Einweisung durch den Versicherungsträger“ gesprochen. Im gegenständlichen Fall ist es zu keiner Einweisung der Kl in eine LGF-Krankenanstalt gekommen, da der Krankenversicherungsträger bei der geplanten Hautstraffungsoperation das Vorliegen des Versicherungsfalles der Krankheit verneint hat.
Nach § 148 ASVG erfolgt die Abrechnung der von den Krankenanstalten erbrachten Leistungen ausschließlich über den Landesgesundheitsfonds. Die Sozialversicherungsträger zahlen gem § 447f ASVG Pauschalbeiträge zur Krankenanstaltenfinanzierung. Der Erkrankte kann sich auch in eine eigene Einrichtung des Versicherungsträgers oder in eine PRIKRAF-Krankenanstalt oder in eine sonstige Privatkrankenanstalt begeben. Nach § 150 ASVG kommt ein Pflegekostenzuschuss in Betracht, wenn für die Gewährung der notwendigen Anstaltspflege durch den Versicherungsträger nicht Vorsorge getroffen werden kann, weil LGF-Krankenanstalten oder Krankenanstalten nach § 149 Abs 3 ASVG nicht zur Verfügung stehen und Verträge gem § 149 ASVG nicht zu Stande kommen.
Während sich das Berufungsgericht der Ansicht Schrammels anschließt, wonach ein Pflegekostenzuschuss gem § 150 ASVG auch dann zusteht, wenn der Versicherte ohne Einweisung bzw aus eigenem eine LGF-Krankenanstalt aufsucht, vertritt die Bekl den Standpunkt, dass sich das mit dem Wortlaut des § 150 Abs 1 Z 2 ASVG nicht in Einklang bringen lasse. Der OGH folgt im Ergebnis der Auffassung der Bekl. Nach seinem Wortlaut stellt § 150 Abs 1 Z 2 ASVG ausschließlich auf (Privat-) Krankenanstalten ab, mit denen keine vertragliche Regelung iSd § 149 ASVG besteht.
§ 18 KAKuG verpflichtet die Bundesländer im eigenen Land eine ordnungsgemäße Krankenanstaltspflege für anstaltsbedürftige Personen iSd § 22 Abs 3 KAKuG entweder durch Errichtung und Betrieb öffentlicher Krankenanstalten oder durch Vereinbarung mit Rechtsträgern anderer Krankenanstalten sicherzustellen. Das von der Krankenanstalt geschuldete Behandlungsniveau ergibt sich 324 aus § 8 Abs 2 KAKuG, wonach „Pfleglinge von Krankenanstalten [...] nur nach den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen bzw. zahnmedizinischen Wissenschaft ärztlich bzw. zahnärztlich behandelt werden
“ dürfen.
Im KAKuG gibt es analog zum ASVG ebenfalls eine Definition, wann „Anstaltsbedürftigkeit“ vorliegt. Nach § 22 Abs 3 KAKuG sind Personen anstaltsbedürftig, „deren auf Grund ärztlicher Untersuchung festgestellter geistiger oder körperlicher Zustand die Aufnahme in Krankenanstalten erfordert, ...
“.
Eine völlige Gleichsetzung der „Anstaltsbedürftigkeit“ iSd KAKuG mit der sozialversicherungsrechtlichen Erforderlichkeit einer Anstaltspflege darf nicht vorgenommen werden, da der erste Begriff weiter ist. Anstaltsbedürftig sind nämlich auch Personen, die in Krankenanstalten aufgenommen werden, in denen keine „Anstaltspflege“ erbracht wird sowie gesunde Personen, die an einer klinischen Prüfung teilnehmen oder die zu Zwecken der Begutachtung in Leistungssachen eingewiesen wurden (Stöger in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 144 ASVG Rz 4).
Die Meinungen in der Literatur, inwieweit die Bestimmung des § 133 ASVG, wonach eine Behandlung ausreichend und zweckmäßig sein muss, das Maß des Notwendigen aber nicht überschreiten darf, auch für den intramuralen Bereich Anwendung findet, gehen auseinander. Die Beantwortung dieser Frage ist auch entscheidend für die Frage, ob das nach dem ASVG und dem KAKuG geschuldete Behandlungsniveau ein anderes ist. Mazal und Stöger vertreten die Auffassung, dass es sich bei den §§ 133 und 144 ASVG um unterschiedliche Versicherungsfälle handelt, und auch ein unterschiedliches Leistungsniveau daraus resultiert (Mazal in FS Kopetzki [2019] 345; Stöger in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 144 ASVG Rz 12). Schrammel vertritt die Auffassung, dass man sich auch intramural an einem Wirtschaftlichkeitsgebot orientieren müsse (Schrammel, Veränderung des Krankenbehandlungsanspruches durch Vertragspartnerrecht? ZAS 1986, 145).
Wie Resch bereits näher ausgeführt hat, wendet die Judikatur die Grundsätze des § 133 Abs 2 ASVG auch auf Behandlungen im Rahmen der Anstaltspflege an. So wäre „ein Absacken des Leistungsniveaus der landesgesundheitsfondsfinanzierten Krankenanstalten im Vergleich zum Leistungsniveau im Rahmen der Krankenbehandlung gem §§ 133 ff ASVG völlig unverständlich“ (Resch, Die Anwendung von schulmedizinisch gebotenen Arzneimitteln in Krankenanstalten, JAS 2019, 329). Nach Resch könnte sich im intramuralen Bereich in Hinblick auf die dort bestehende Spezialisierung sogar ein Anspruch auf ein höheres Leistungsniveau ergeben.
Nach der Auffassung von Windisch-Graetz sei es gar nicht notwendig, Wirtschaftlichkeitsüberlegungen anzustellen, da den Pauschalbeiträgen ohnehin konkrete gesetzlich definierte Leistungen gegenübergestellt wurden (Windisch-Graetz, Grundversorgung und Zusatzleistungen im Bereich der Krankenhausbehandlung, in Jabornegg/Resch/Seewald [Hrsg], Planung und Finanzierung der Krankenhausbehandlung [2004]; mwN Ernst, Anspruch auf Arzneimitteltherapien in Krankenanstalten, RdM 2021/244).
Zu beachten wäre mE bei der Auffassung aber, dass manche Therapien, wie sehr teure Heilmitteltherapien – abgesehen von onkologischen Präparaten –, im LKF-System derzeit noch gar nicht abgebildet sind und daher auch nicht berücksichtigt wurden. Nach der Rsp hat der Versicherte jedenfalls keinen Rechtsanspruch auf die jeweils weltbeste medizinische Versorgung (RIS Justiz RS0073059).
Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang, ob die Leistungsverweigerung in der Sphäre des Versicherungsträgers oder in der Sphäre der Krankenanstalt gelegen ist. Rechtlich unklar ist, ob mit einem Bescheid auf Anstaltspflege nach § 144 ASVG nur die „Anstaltsbedürftigkeit“ per se überprüft oder auch der konkrete Anspruch auf eine Behandlung durchgesetzt werden kann. Wird ein Versicherter zwar wegen „Anstaltsbedürftigkeit“ in eine LGFKrankenanstalt eingewiesen, bekommt er aber dort nicht die gewünschte Behandlung, ist fraglich, ob sein Anspruch darauf in einem sozialrechtlichen Verfahren überprüft werden könnte.
Im gegenständlichen Fall wurde die Kl in eine LGFKrankenanstalt als Selbstzahlerin aufgenommen, da es an der Einweisung nach § 145 ASVG durch den Versicherungsträger scheiterte. Vor der Operation hatte die Kl den bekl Versicherungsträger um die Übernahme der Kosten für eine geplante Operation ersucht, und dabei auf den Ambulanzbericht des Klinikums W verwiesen. Die Bekl brachte in dem gegen den negativen Bescheid geführten Sozialversicherungsfahren vor, dass selbst wenn die medizinische Indikation zur Operation bestanden haben sollte, die Kosten nach § 447f ASVG abgegolten seien und ein Pflegekostenzuschuss nach § 150 ASVG nicht in Betracht käme.
Der OGH sprach in der gegenständlichen E aus, dass die Kosten nicht durch die Pauschalzahlungen nach § 447f ASVG abgegolten sein können, da die Kl als Selbstzahlerin in die LGF-Krankenanstalt aufgenommen wurde. Ein Pflegekostenzuschuss nach § 150 ASVG kommt aber auch nicht in Betracht, da diesfalls der Sozialversicherungsträger 325 doppelt belastet werden würde. Weiters sprach der OGH aus, dass der Anspruch des Versicherten auf die Sachleistung „Anstaltspflege“ nicht an die Kostenübernahmeerklärung des Versicherungsträgers gebunden ist oder durch diese entsteht. Vielmehr hängt der Anspruch ausschließlich von der Notwendigkeit der Behandlung in einer Krankenanstalt ab. Durch die Einweisung soll lediglich für den Versicherten und den Krankenhausträger im Vorhinein geklärt werden, wer die Kosten der Anstaltspflege trägt. Die Erklärung dient also primär der „Rechtssicherheit“. Der OGH sprach weiters aus, dass bei Ablehnung des Anspruchs durch den Versicherungsträger der Krankenanstaltenträger die Kosten vom Versicherten verlangen kann. Lehnt der Versicherungsträger die nachträgliche Kostenübernahme mit der Begründung ab, die Einweisungsvoraussetzungen wären nicht vorgelegen, ist diese Frage in einem auf Kostenübernahme gerichteten Leistungsstreitverfahren zu klären. Obsiegt dort der Versicherte, kann er etwaige schon bezahlte Kosten vom Krankenversicherungsträger zurückfordern. Der Krankenanstaltenträger ist dann berechtigt, mit dem Landesgesundheitsfonds abzurechnen.
Im Zusammenhang mit der Aufnahme von Versicherten als Selbstzahler soll festgehalten werden, dass nach § 27b Abs 1 KAKuG „die an sozialversicherten Pfleglingen in Fondskrankenanstalten erbrachten Leistungen [...] mit Ausnahme allfälliger Sondergebühren gemäß § 27 Abs 4 KAKuG über Landesgesundheitsfonds anzurechnen
“ sind. Außer in Fällen, in denen keine Anstaltsbedürftigkeit vorliegt, ist eine Aufnahme als Selbstzahler mit den krankenanstaltenrechtlichen Bestimmungen daher mE nicht in Einklang zu bringen (OGH2 Ob 125/23f DRdA 2024/28 [Prinzinger]).
Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass ein Versicherter bei fehlender Kostenübernahmeerklärung des Versicherungsträgers einen Bescheid über den Anspruch auf Anstaltspflege nach § 144 ASVG verlangen und auf diesem Weg seinen sozialversicherungsrechtlichen Anspruch von den Arbeits- und Sozialgerichten überprüfen lassen kann. Ernst äußert Bedenken, ob bei Verweigerung einer einzigen zugelassenen Therapie, die einem Versicherten verweigert wird, die Vorenthaltung dieser Therapie durch den Krankenanstaltenträger der Verweigerung der Anstaltspflege insgesamt gleichzuhalten ist (Ernst, Anspruch auf Arzneimitteltherapien in Krankenanstalten, RdM 2021/244).
Rechtlich möglich ist aber auch, dass ein Versicherter, der nicht in eine wohnortnahe LGF-Krankenanstalt zur Behandlung aufgenommen wird, obwohl „Anstaltsbedürftigkeit“ vorliegt, bei Vorliegen eines Schadens einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Krankenanstaltenträger geltend macht. In diesem Fall wird die Anstaltsbedürftigkeit bzw der Anspruch auf eine konkrete Behandlung im Zivilrechtsweg überprüft (vgl dazu OGH 2 Ob 125/23f DRdA 2024/28 [Prinzinger]). Solche Verfahren gab es, insb bei teuren Heilmitteltherapien, bereits öfters (zB OGH 25.7.2023, 2 Ob 125/23f).
Für wohnortnahe Krankenanstalten besteht bei behandlungsbedürftigen Versicherten ein sogenannter Kontrahierungszwang (Ernst, RdM 2021/244; OGH 21.2.2013, 9 Ob 32/12i).
Nach der E OGH 9 Ob 32/12i sind öffentliche Krankenanstalten verpflichtet, Personen für die Leistungsansprüche aus der sozialen KV bestehen, als Pfleglinge aufzunehmen. Ein bestimmter Inhalt des Behandlungsvertrags und insb ein Anspruch auf eine bestimmte Behandlungsmethode wird damit jedoch nicht begründet.
Schließlich stellt sich die Frage, ob ein sozialversicherungsrechtliches Verfahren zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich der „Anstaltsbedürftigkeit“ kommen könnte als ein parallel geführtes zivilrechtliches Verfahren, und welche rechtlichen Auswirkungen dies hätte.
Exkurs: Könnte diese Entscheidung auch Auswirkungen auf den Bereich der Heilmittel haben?
Bei der Anstaltspflege handelt es sich nach der Rsp um eine einheitliche und unteilbare Gesamtleistung, die mehrere Teilkomponenten, darunter auch Heilmittel, umfasst (vgl OGH 10 ObS 28/01t SSV-NF 15/27 = ASoK 2001, 306 [Marhold]). Eine medikamentöse Behandlung, die intramural durchgeführt wird, ist daher Teil der Anstaltspflege. Die Bundesländer sind nach § 18 KAKuG zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Krankenanstaltenpflege verpflichtet. Insgesamt muss jedes Bundesland zumindest über die jeweilige Zentral- Krankenanstalt oder eine Vereinbarung mit einer Zentral-Krankenanstalt eines anderen Bundeslandes eine umfassende Arzneimittelversorgung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft zur Verfügung stellen können, damit das Bundesland dem Versorgungsauftrag nachgekommen ist.
Aufgrund der gegenständlichen E stellt sich die Frage, ob bei Nichtaufnahme eines Versicherten zur Verabreichung einer medikamentösen Therapie in einer Krankenanstalt nicht auch ein Bescheid vom Sozialversicherungsträger über die „Anstaltsbedürftigkeit“ verlangt werden könnte, und in weiterer Folge das Arbeits- und Sozialgericht über den Anspruch auf eine intramurale medikamentöse Therapie entscheidet. Zu beachten ist aber in diesem Zusammenhang, dass bestimmte teurere medikamentöse Therapien nicht im LKF-System abgebildet sind. Belastet werden würden daher durch eine solche Entscheidung die Länder, die über ihre Ausfallshaftung für die teure Therapie aufkommen müssten. Andererseits könnte auch argumentiert werden, dass mit den Pauschalzahlungen nach § 447f ASVG sämtliche stationäre Leistungen bei Krankheit von der SV abgegolten sind, daher auch solche die nicht in das LKF-System fallen. 326