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Landesgesetzliche Einreihung in gemeinsames Schema für Arbeiter und Angestellte: Keine automatische betriebsverfassungsrechtliche Gleichstellung aller Arbeitnehmer als Angestellte – Wahl eines gemeinsamen Angestelltenbetriebsrats anfechtbar

JÖRG OBERGRUBER

Für den II. Teil des ArbVG ist von einer auf die vereinbarte tatsächlich ausgeübte Tätigkeit abstellenden Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten auszugehen. Die landesgesetzliche Einreihung von Angestellten und Arbeitern in einem gemeinsamen Schema kann daher nicht die betriebsverfassungsrechtliche Gleichstellung sämtlicher Arbeitnehmer als „Angestellte“ bewirken.

Die betriebsverfassungsrechtliche Stellung als Vertragsangestellter ist primär davon abhängig, dass AG und AN eine unwiderrufliche Vereinbarung iSd § 41 Abs 3 Satz 2 ArbVG treffen. Eine solche Vereinbarung kann schriftlich, mündlich oder auch schlüssig zustande kommen; bloßes Stillschweigen kann nicht als Annahme gewertet werden, es sei denn, unter besonderen Umständen entspräche das Schweigen der Verkehrssitte zwischen den Parteien.

Sachverhalt

Am 17.5.2022 hat die Angestelltenbetriebsratswahl in einem steirischen Landeskrankenhaus stattgefunden. Die Kl erhielt 536 und eine andere wahlwerbende Gruppe 577 von 1.113 abgegebenen gültigen Stimmen. Es entfielen sieben Mandate auf die Kl und acht Mandate auf die konkurrierende wahlwerbende Gruppe bei insgesamt 15 zu vergebenden Betriebsratsmandaten. Das Wahlergebnis wurde am 19.5.2022 kundgemacht.

Die vom DG erstellte, alle DN erfassende und der Wählerliste für die gegenständliche Wahl des Angestelltenbetriebsrats zugrunde gelegte AN-Liste umfasste insgesamt 1.664 Personen. Darunter befanden sich 166 frühere Arbeiter, welche aufgrund der Novelle zum L-DBR mit Wirksamkeit 1.4.2022 in ein Angestelltenverhältnis übergeführt worden waren. Den bereits beschäftigten Arbeitern wurde vom DG „angeboten“, mit einem Nachtrag zum Dienstvertrag mit Wirkung 1.4.2022 „zum/zur Angestellten zu werden“. Sollten sich jene nicht bis zum 28.3.2022 schriftlich gegen die Umstellung aussprechen, würden sie ab 1.4.2022 automatisch als Angestellte geführt.

Die Kl begehrte, die Betriebsratswahl des Angestelltenbetriebsrats vom 17.5.2022 für rechtsunwirksam zu erklären, da zu dieser Wahl unzulässigerweise auch Arbeiter zugelassen worden seien. Die Bekl vertrat die Rechtsansicht, dass es arbeitsverfassungsrechtlich keine Arbeiter mehr gäbe. Es seien mit Stichtag 1.4.2022 sämtliche Arbeiter im Betrieb in ein Angestelltenverhältnis „dienstvertraglich überführt“ und übernommen worden.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es führte begründend aus, dass zwar die der KAGES zugewiesenen AN des Landes Steiermark formal Vertragsbedienstete sind, das Stmk L-DBR (Gesetz über das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark) jedoch maßgebliche Unterscheidungen zwischen Arbeitern und Angestellten treffe, insb bei der Hauptleistungspflicht der Entgeltzahlung. Die unteren Entlohnungsgruppen würden auch nach der Novelle des § 216 L-DBR weiterhin den typischen Arbeitertätigkeiten entsprechen. Der Gesetzgeber habe keine Absicht gehabt, Arbeiter und Angestellte völlig gleich zu stellen. Weiters wurde ausgeführt, dass ein AN nur dann als Angestellter ex contractu iSd ArbVG gelte, wenn gem § 41 Abs 3 ArbVG unwiderruflich die Geltung des gesamten AngG sowie der anzuwendende Angestellten-KollV zuzüglich der Einstufung in die Gehaltsordnung dieses KollV unwiderruflich vereinbart wird. Das Vertragsbedienstetenrecht ersetze als gesetzliches Einstufungsschema jenes des KollV im allgemeinen Arbeitsrecht. Im Fall einer Vereinbarung nach § 41 Abs 3 ArbVG sei das für Angestellte geltende Gehaltsschema des Stmk L-DBR unwiderruflich zu vereinbaren. Änderungen der gesetzlichen Inhalte des L-DBR bedürften eines Sondervertrages. Dafür sei neben der Schriftlichkeit gem § 11 Abs 4 L-DBR vor allem die ausdrückliche Bezeichnung dieser Vereinbarung als Sondervertrag gem § 11 Abs 7 L-DBR notwendig. Die den Arbeitern vorgelegten Vereinbarungen erfüllten diese Voraussetzungen nicht.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren hingegen ab. Die Voraussetzungen der rechtlichen Gleichstellung mit den Angestellten kraft Gesetzes seien – wenn auch nicht nach dem Wortlaut, jedoch vom Normzweck her – erfüllt. Es seien zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl keine AN tätig gewesen, die der Gruppe der Arbeiter zuzurechnen wären, somit erweise sich die Wahlanfechtung als unberechtigt.

Die ordentliche Revision wurde zur Frage zugelassen, ob Vertragsbedienstete eines Landes, die in Landeskrankenhäusern Angestellten- oder Arbeitertätigkeiten iSd ArbVG verrichten, gem § 41 Abs 3 ArbVG auch im Betriebsverfassungsrecht eine einheitliche Belegschaftsgruppe bilden würden, was auch nach Gleichstellung im Dienst- und Besoldungsrecht, insb Einstufung in ein einheitliches Gehaltsschema und Vereinbarung, und trotz Nichtanwendbarkeit des AngG für beide Berufsgruppen gelte.

Der OGH sah die Revision zur Wahrung der Rechtssicherheit als zulässig und berechtigt an und stellte 236 das stattgebende Urteil des Erstgerichts wieder her.

Originalzitate aus der Entscheidung

1. Vorauszuschicken ist, dass im Revisionsverfahren nur noch strittig ist, ob das L-DBR noch maßgeblich Unterscheidungen zwischen „Arbeitern“ und „Angestellten“ vornehme, die „Arbeiter“ durch einen „Nachtrag zum Dienstvertrag“ Angestellte ex contractu im Sinne des § 41 Abs 3 ArbVG geworden seien, sie damit zurecht an der Wahl zum Angestelltenbetriebsrat teilgenommen hätten oder ob die Wahl damit an einer die Anfechtung erlaubenden Rechtswidrigkeit iSd § 59 ArbVG leide, weil dies zu Unrecht geschehen sei. […]

2.1. Gemäß Artikel 10 Abs 1 Z 11 B-VG sind Angelegenheiten des Arbeitsrechts in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache.

[…]

Abzugrenzen ist dieser Kompetenztatbestand von jenem des Artikel 21 Abs 1 B-VG. Danach obliegt die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechts einschließlich des Dienstvertragsrechts und des Personalvertretungsrechts der Bediensteten der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände den Ländern. Artikel 21 Abs 2 B-VG räumt den Ländern darüber hinaus eine Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz in den Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes hinsichtlich der in Artikel 21 Abs 1 B-VG genannten Bediensteten und des Personalvertretungsrechts hinsichtlich Landesbediensteter ein, die nach Artikel 21 Abs 2 B-VG aber nur greift, wenn die Bediensteten nicht in Betrieben tätig sind. Ist dies hingegen der Fall, so weist Artikel 21 Abs 2 B-VG die Kompetenz zur Gesetzgebung und Vollziehung dem Bund zu (vgl VfSlg 19.658/2012 Pkt 2.2.3 mwN).

2.2. Der Begriff „Betrieb“ im Sinne des Artikel 21 Abs 2 B-VG ist in jener Bedeutung zu verstehen, die ihm nach dem ArbVG zukommt (8 ObA 57/23z Rz 26 unter Hinweis auf VfSlg 16.733/2002). Verrichten – wie hier – Dienstnehmer des Landes ihre Tätigkeiten in einem „Betrieb“, dann liegt somit in Sachen der Personalvertretung eine in die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz des Bundes fallende Regelung vor […].

Die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz des Bundes ist nämlich auch für das Betriebsverfassungsrecht von Rechtsträgern gegeben, die selbst nicht Gebietskörperschaft iSd Artikel 21 B-VG sind (vgl VfSlg 16.733/2002).

2.3. Die Vorinstanzen und beide Parteien gehen zu Recht davon aus, dass Krankenanstalten eines Landes, auch wenn sie „ausgegliedert“ sind und – wie hier – von einer dem Land gehörenden Betreibergesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit betrieben werden, „Betriebe“ iSd § 34 ArbVG sind und daher grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsrechts fallen […]. Auf in solchen Landeskrankenhäusern beschäftigte Arbeitnehmer sind daher gemäß § 33 und 36 ArbVG grundsätzlich die Bestimmungen des II. Teiles (§ 33-134b) des ArbVG anzuwenden, auch wenn es sich dabei um Vertragsbedienstete handelt […]. Sind daher Vertragsbedienstete – wie unstrittig hier – dauernd einem Betrieb im Sinne des § 36 ArbVG zugeteilt, sind sie Arbeitnehmer dieses Betriebs im Sine des § 36 ArbVG und besitzen damit auch das uneingeschränkte aktive und passive Wahlrecht wie andere Dienstnehmer, welche dem ArbVG unterliegen […].

[…]

3.1. […] Nach § 41 Abs 1 und Abs 2 ArbVG teilt sich die Gesamtheit der Arbeitnehmer eines Betriebs in die Gruppe der Arbeiter und in die der Angestellten. Nach Abs 3 leg cit ist für die Gruppenzugehörigkeit die auf dem Gesetz beruhende arbeitsvertragliche Stellung der Arbeitnehmer maßgebend (zu Angestellten ex contractu iSd § 41 Abs 3 Satz 2 ArbVG […]). […]

3.3. Dem Arbeitsverfassungsrecht ist somit ein Arbeitnehmertypus fremd, der weder der Gruppe der Arbeiter noch der Angestellten zuzurechnen wäre. Sollten diese einschlägigen Definitionen im Arbeitsvertrags- bzw Individualarbeitsrecht (allenfalls auch in Kollektivverträgen, sofern diese noch unterschiedliche Gehaltsordnungen aufweisen) zu Gunsten eines „einheitlichen Arbeitnehmerbegriffes“ entfallen, ist dennoch mangels ausdrücklicher Abschaffung der beiden unterschiedlichen Gruppen(-Versammlungen) im ArbVG weiterhin von der Beibehaltung der betriebsverfassungsrechtlichen Differenzierung nach der arbeitsvertraglich geregelten Tätigkeit auszugehen […]. In diesem Sinne hat der Senat schon zu 8 ObA 298/95 (= DRdA 1996, 162) ausgesprochen, dass etwa eine durch Landesgesetz erfolgte Änderung der Eigenschaft von Arbeitern (in Landeskrankenhäusern) „Landesangestellten in handwerklicher Verwendung“ keinen Einfluss auf die aus der tatsächlichen Verwendung folgende Zugehörigkeit zu einer Gruppe und daraus abgeleitete betriebsverfassungsrechtliche Rechte hat, weil durch die gleichzeitige Veränderung des arbeitsrechtlichen Status aller bisherigen Arbeiter das für die Vertretungsaufgabe entscheidende gruppenbildende Merkmal der gleichgerichteten Interessen, abgesehen vom äußeren arbeitsrechtlichen Etikett, in keiner Weise verändert wurde.

3.4. In betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht kann daher grundsätzlich dahingestellt bleiben, ob das L-DBR einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff etabliert hat: Für den II. Teil des ArbVG ist von einer auf die vereinbarte tatsächlich ausgeübte Tätigkeit abstellenden Unterscheidungen von Arbeitern und Angestellten auszugehen. Die landesgesetzliche Einreihung von Angestellten und Arbeitern in einem gemeinsamen Schema kann daher nicht die betriebsverfassungsrechtliche Gleichstellung sämtlicher Arbeitnehmer als „Angestellte“ bewirken.

4.1. […] Durch die Übernahme eines Arbeiters in das Angestelltenverhältnis ändert sich die betriebsverfas237sungsrechtliche Gruppenzugehörigkeit nur dann, wenn folgende unwiderrufliche Vereinbarung getroffen wurden […]:

a) Volle Anwendbarkeit des AngG […]

b) Volle Anwendbarkeit des auf Betrieb anzuwendenden Angestelltenkollektivvertrag ohne Herausnahme einzelner Kollektivvertragsinhalte;

c) Einstufung in die Gehaltsordnung des Angestelltenkollektivvertrages, wobei auf dessen Günstigkeit nach § 3 Abs 2 ArbVG gegenüber dem ursprünglich geltenden Arbeiterkollektivvertrag zu achten ist.

Fehlt eine dieser Voraussetzungen, so gehört der Arbeitnehmer – unabhängig von der betriebsinternen Bezeichnung als Angestellter – betriebsverfassungsrechtlich weiterhin zur Gruppe der Arbeiter […].

[…]

6.1. Nach § 59 Abs 1 ArbVG sind die einzelnen Wahlberechtigten und jede wahlwerbende Gruppe berechtigt, binnen Monatsfrist vom Tage der Mitteilung des Wahlergebnisses an gerechnet, die Wahl beim Gericht anzufechten, wenn wesentliche Bestimmungen des Wahlverfahrens oder leitende Grundsätze des Wahlrechts verletzt wurden und hierdurch das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte. […]

[…]

6.3. Beschlüsse, dass ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt werden soll (§ 40 Abs 3 in Verbindung mit § 49 Abs 2 ArbVG), liegen hier nicht vor; es wurde ein Angestelltenbetriebsrat gewählt. Es haben Arbeitnehmer an dieser Wahl teilgenommen, die zur Gruppe der Arbeiter zu zählen gewesen wären, fehlte es diesen somit an der erforderlichen aktiven Wahlberechtigung. Eine rechtswidrige Zulassung von Mitgliedern der Gruppe der Arbeiter als aktiv Wahlberechtigte zur Wahl des Angestellten-BR wäre eine Verletzung wesentlicher Bestimmungen des Wahlverfahrens (vgl VwGH86/01/0115, VwSlg 12.238 A/1986). Ein solcher Fehler wäre dann relevant, wenn er nicht abstrakt, sondern im Einzelfall objektiv geeignet wäre, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Eine mögliche Beeinflussung des Wahlergebnisses liegt dann vor, wenn bei Unterbleiben der Rechtswidrigkeit eine andere Mandatsverteilung im BR möglich gewesen wäre; es kommt nicht auf die allenfalls unrichtige Zuordnung von Stimmen allein an, sondern vielmehr darauf, ob der Fehler eine potentiell andere Mandatsverteilung im BR zur Folge haben könnte (8 ObA 287/99h) […].

Eine solche objektive Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses im Hinblick auf die Mandatsverteilung liegt hier angesichts des knappen Stimmenergebnisses […] vor, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Gruppe der 167 bisherigen Arbeiter insgesamt anders abgestimmt hat als der Rest der Ex-lege-Angestellten und sich bei Wegfall jener Personengruppe die Mandatsverteilung geändert hätte.

[…]

7. Es ist daher zu prüfen, ob die zur Wahl zugelassenen Arbeiter zurecht an der Angestelltenbetriebsratswahl teilgenommen haben, weil sie als Angestellte ex contractu anzusehen wären.

7.1. Aus dem oben […] Gesagten erhellt, dass die betriebsverfassungsrechtliche Stellung als Vertragsangestellter primär davon abhängig ist, dass Arbeitgeber und -nehmer eine unwiderrufliche Vereinbarung des oben näher geschilderten Inhalts treffen.

Eine solche Vereinbarung kann schriftlich, mündlich oder auch schlüssig zustande kommen […]; § 863 ABGB gilt nämlich grundsätzlich auch im Arbeitsrecht […]. Demnach kann bloßes Stillschweigen nicht als Annahme gewertet werden […], es sei denn, unter besonderen Umständen entspräche das Schweigen der Verkehrssitte zwischen den Parteien […].

7.2. […] In Ansehung der hier in Frage stehenden Regelungen kann § 41 Abs 2 Satz 2 ArbVG zwanglos dahin verstanden werden, dass es für die Erlangung der betriebsverfassungsrechtlichen Angestelltenstellung durch einen Arbeiter jedenfalls einer vertraglichen Vereinbarung bedarf. Ein pauschaler Vergleich von Beschäftigungsgruppen oder eine allgemeine Umschreibung von Einstufungskriterien, wie sie im bisherigen Verfahren angestellt wurden, genügt daher nicht, weil es in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht auf individuelle Vereinbarungen mit und die Einordnung jeder der hier fraglichen Personen ankommt.

8.1. Abgesehen davon, dass nicht einmal feststeht, ob, wann und auf welchem Wege die betroffenen […] 166 Arbeiter ein „Angebots“-Schreiben des Arbeitgebers überhaupt erhalten hätten, wurde hier nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich, dass und auf welchem Wege sich die betroffenen Arbeiter zum Angebot des Arbeitgebers überhaupt geäußert, geschweige denn dass sie ihm ausdrücklich – auf welchem Wege immer – zugestimmt hätten.

8.2. Andererseits wurde eine arbeitsrechtliche Verkehrssitte (vgl oben Pkt 7.2.), nach welcher das Schweigen von Arbeitern auf ein „Angebot“ des Arbeitgebers, ihren Arbeitsvertrag zu ändern, als Zustimmung zu deuten wäre, weder behauptet noch in der Rechtsprechung jemals anerkannt.

Zudem wird im „Angebot“ des Dienstgebers ausdrücklich behauptet, dass die einzige relevante Änderung durch die Vertragsänderung die Sozialversicherungsmeldung betreffe. Dem Schreiben ist hingegen nicht zu entnehmen, dass durch die Vertragsänderung auch Änderungen des betriebsverfassungsrechtlichen Status der angeschriebenen Arbeiter herbeigeführt werden sollten […]. Wie sich eine schlüssige Zustimmung auf solche vom Dienstgeber nicht offengelegte Folgen beziehen sollte, erschließt sich nicht.

Es ist daher davon auszugehen, dass auch besondere Umstände, aus denen auf den Abschluss von konkludenten Vereinbarungen geschlossen werden könnte, hier […] nicht vorliegen.

8.3. Damit fehlt es aber in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht schon mangels Zustimmung der betroffenen Arbeiter an dem § 41 Abs 3 Satz 2 ArbVG 238entsprechenden Einigungen, ein Angestelltenverhältnis einzugehen.

[…]

9.1. Das Fehlen von Vereinbarungen im Sinne des § 41 Abs 3 Satz 2 ArbVG fällt aber dem Bekl zur Last, weil betriebsverfassungsrechtlich grundsätzlich von einer der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit als Arbeiter entsprechenden Einordnung auszugehen ist.

Erläuterung

Die E betrifft die Wahlanfechtung einer wahlwerbenden Gruppe in Zusammenhang mit der Betriebsratswahl in einem Spital in der Hochsteiermark. Im Betrieb der Bekl am Standort Leoben waren ursprünglich ein Arbeiter-BR und ein Angestellten-BR eingerichtet. Mit der L-DBR-Novelle LGBl 2020/112 wurden die Entlohnungsschemata von Arbeitern und Angestellten zu einem gemeinsamen Schema zusammengeführt. Um eine vollständige Harmonisierung von Arbeitern und Angestellten herbeizuführen, hat die Bekl in weiterer Folge alle Arbeiter in ein Angestelltenverhältnis überführt. Eine diesbezügliche Vereinbarung mittels Sondervertrag wurde mit den einzelnen Mitarbeitern nicht getroffen. Vielmehr wurde den DN schriftlich mitgeteilt, dass sie, mangels Widerspruchs gegen dieses Schreiben innerhalb einer Frist, nunmehr als Angestellte geführt werden.

Nach „Überführung“ der Mitarbeiter in Angestelltenverhältnisse fand am 17.5.2022 die Wahl zum Angestellten-BR statt. Die Wahl hat in weiterer Folge eine wahlwerbende Gruppe mit der Begründung angefochten, dass auch nach der „Überführung“ getrennte Betriebsratskörperschaften gewählt hätten werden müssen. Der OGH hatte die Rechtsfrage zu prüfen, ob unzulässigerweise Arbeiter iSd Betriebsverfassung zur Angestelltenbetriebsratswahl zugelassen wurden.

Vorauszuschicken ist, dass § 59 ArbVG die Voraussetzungen der Anfechtung der Betriebsratswahl regelt und Anfechtungsgründe nennt, die nicht derart schwerwiegend sind, dass die Wahl absolut nichtig iSd § 60 ArbVG ist. § 34 BRWO enthält Ausführungsbestimmungen zu § 59 ArbVG.

Gem § 59 Abs 1 ArbVG sind die einzelnen Wahlberechtigten sowie jede wahlwerbende Gruppe ua berechtigt, unter nachstehenden Voraussetzungen die Wahl anzufechten:

Es wurden wesentliche Bestimmungen des Wahlverfahrens oder leitende Grundsätze des Wahlrechts verletzt und es konnte hierdurch das Wahlergebnis beeinflusst werden. Der Tatbestand des § 59 Abs 1 Satz 1 legt kumulativ fest, dass sowohl eine Verfahrens- als auch eine Wahlgrundsatzverletzung vorliegen muss, welche wiederum geeignet ist, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

Wesentlich ist die objektive Eignung des Fehlers, das Wahlergebnis zu beeinflussen (vgl OGH 13.4.2000, 8 ObA 287/99k). Eine mögliche Beeinflussung des Wahlergebnisses liegt etwa dann vor, wenn Wahlmängel unterlaufen sind, die sich auf das Verhalten sämtlicher Wahlberechtigten oder großer Wählerschichten auswirken, sodass bei Unterbleiben der Rechtswidrigkeit eine andere Mandatsverteilung im BR möglich gewesen wäre (vgl OGH 29.4.2021, 9 ObA 8/21y).

Die Anfechtungsfrist für die Betriebsratswahl beträgt einen Monat vom Tag der Mitteilung des Wahlergebnisses an und beginnt für die wahlwerbenden Gruppen mit den Tag der Kundmachung des Wahlergebnisses zu laufen.

Die einzubringende Anfechtung der Betriebsratswahl ist als Rechtsgestaltungklage zu qualifizieren (vgl OGH 25.9.1996, 9 ObA 2187/96) und hat auf Ungültigerklärung der Wahl zu lauten. Bekl Partei ist der gewählte BR, dessen Wahl für ungültig erklärt werden soll.

Der OGH führt in der E vor dem Hintergrund der kompetenzrechtlichen Bestimmungen der Bundesverfassung ua aus, dass ein Landesgesetzgeber nicht befugt ist, über die Gruppenzugehörigkeit (Arbeiter oder Angestellter) der Betriebsverfassung zu entscheiden. Das Höchstgericht bereitet in dieser E die verfassungsrechtlichen Grundlagen nachvollziehbar auf und es wird auch im Lichte der bisherigen Literatur und Judikatur klargestellt, dass es sich bei Landeskrankenhäusern um Betriebe iSd ArbVG handelt.

Der OGH kommt zur Auffassung, dass die Zuordnung eines Vertragsbediensteten in die arbeitsverfassungsrechtliche Gruppe der „Angestellten“ im vorliegenden Fall daran scheitert, dass die gebotene Gleichstellung nach den Kriterien des AngG bzw der anzuwendenden kollektiven Entgeltvorschriften (hier kein „Angestellten-KollV“, sondern das entsprechende Lohnschema des L-DBR) vor dem Hintergrund der angefochtenen Wahl nicht regelkonform erfolgt ist. Weiters weist der OGH darauf hin, dass eine einseitige „Überführung“ in ein Angestelltenverhältnis nicht ausreicht, sondern eine (zumindest konkludente) Vereinbarung mit dem Inhalt des § 41 Abs 3 Satz 2 ArbVG getroffen werden muss.

Zusammenfassend hält der OGH fest, dass es nicht dem Landesgesetzgeber obliegt, darüber zu befinden, wer Arbeiter bzw Angestellter iSd Betriebsverfassung ist. Die Zuordnung als Arbeiter oder Angestellter (§ 41 ArbVG) in Landeskrankenhäusern obliegt dem ArbVG und nicht dem Dienstrecht. Die tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ist dabei wesentlich. Die Arbeiter waren daher bei der Angestelltenbetriebsratswahl nicht wahlberechtigt. Da dieser Fehler jedenfalls geeignet war, eine andere Mandatsverteilung herbeizuführen, konnte die Wahl erfolgreich angefochten werden.239

Ob eine Gleichstellung mit „Angestellten“ verfassungsrechtlich regelkonform durch eine landesgesetzliche Bestimmung möglich wäre (wie im § 35 Abs 2 Steiermärkisches KAGES-Zuweisungs-, Dienst- und Besoldungsrecht [StKDBR]), lässt der OGH zu Recht offen; diese Norm ist erst nach der angefochtenen Betriebsratswahl in Kraft getreten.