104Umfang des Berufungsantrags – Erhöhung des Wiedereingliederungsgeldes um den Sonderzahlungszuschlag
Umfang des Berufungsantrags – Erhöhung des Wiedereingliederungsgeldes um den Sonderzahlungszuschlag
Geht das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung über die Berufungsanträge hinaus, greift es mitunter in die Teilrechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung ein und verwirklicht damit einen (nicht in § 477 ZPO genannten) Nichtigkeitsgrund.
Ausgehend von dieser bloß eingeschränkten Bekämpfung der Entscheidung des Erstgerichts lag aber die Frage, ob bei der Bemessung des Wiedereingliederungsgeldes ein Sonderzahlungszuschlag von 17 % zu berücksichtigen ist, wodurch mittelbar auch eine 250:Erhöhung des nach Ende der Wiedereingliederungsteilzeit zu gewährenden Krankengeldes bewirkt wird, außerhalb der Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts.
Der Kl ist seit 1.10.2014 in einem aufrechten Dienstverhältnis und hat Anspruch auf 14 Gehälter jährlich. Der Kl war von 22.6.2022 bis 28.2.2023 arbeitsunfähig und bezog dafür zuletzt von 25.12.2022 bis 28.2.2023 Krankengeld. Er vereinbarte mit seinem DG eine am 1.3.2023 beginnende und in Folge von der Bekl bewilligte Wiedereingliederungsteilzeit bei einer vorherigen Normalarbeitszeit von 37 Wochenstunden mit einer stufenweisen Erhöhung des Arbeitszeitausmaßes von 20 Wochenstunden auf 27 Wochenstunden bis zum 29.8.2023. Ab 23.6.2023 trat beim Kl wieder – eine bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung fortbestehende – Arbeitsunfähigkeit ein. Der Kl bezog von 1.3. bis 29.8.2023 Wiedereingliederungsgeld und von 30.8. bis 30.9.2023 Krankengeld. Vom 1.10. bis 28.12.2023 bezog er (aufgrund des neuen Arbeitsjahres ab 1.10.) Entgeltfortzahlung von seinem DG, ab 29.12.2023 wieder Krankengeld.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.12.2023 wies die Bekl den Antrag des Kl ab, ihm aufgrund der Erhöhung der Bemessungsgrundlage um den Zuschlag gem § 125 Abs 3 ASVG iVm § 21 Abs 2 der Satzung ein höheres Wiedereingliederungsgeld für den Zeitraum von 1.3. bis 29.8.2023 sowie ein höheres Krankengeld für die Zeit von 30.8. bis 30.9.2023, für die Zeit von 28.11. bis 7.12.2023 und von 9.12.2023 bis dato zu gewähren. Dagegen erhob der Kl eine Klage.
Das Erstgericht folgte der Ansicht des Kl und verpflichtete die Bekl in den jeweils verfahrensgegenständlichen Zeiträumen, sowohl das Wiedereingliederungsgeld bis 29.8.2023 als auch das Krankengeld ab 30.8.2023 mitsamt den sich nach Berücksichtigung des Zuschlags nach § 125 Abs 3 ASVG iVm § 21 Abs 2 der Satzung der Bekl ergebenden Erhöhungsbeträgen zu zahlen.
In ihrer Berufung focht die Bekl Spruchpunkt 1 des Ersturteils insoweit an, als sie beantragte, sie möge (nur) schuldig erkannt werden, dem Kl das Wiedereingliederungsgeld in der jeweils im Spruchpunkt 1 genannten Höhe für den jeweils genannten Zeitraum „unter Anrechnung des bereits gewährten Wiedereingliederungsgeldes
“ zu gewähren. Hinsichtlich des Spruchpunkts 2 des Ersturteils beantragte sie in der Berufung, das Urteil unter Zurückverweisung an das Erstgericht als nichtig aufzuheben, in eventu den Zuspruch des Krankengeldes, um jeweils konkrete Beträge zu reduzieren und (wiederum) nur unter Anrechnung des bereits gewährten Krankengeldes sowie ergänzt um einen Ausspruch über die zeitliche Begrenzung des Krankengeldanspruchs vorzunehmen.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit, gab ihr aber im Übrigen Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es die Klage zur Gänze abwies. Es verwies dabei auf die jüngst ergangene E des OGH zu 10 ObS 95/24d vom 8.10.2024, in der die auch hier entscheidungswesentliche Frage (nach dem Anspruch auf Sonderzahlungszuschlag) beantwortet wurde. Sonderzahlungen haben bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Krankengeldes nach § 125 ASVG außer Betracht zu bleiben, wenn es insoweit an einem auszugleichenden Einkommensausfall des Versicherten fehlt, als diesem aufgrund kollektivvertraglicher oder einzelvertraglicher Regelung – ausnahmsweise auch im Zeitraum des Krankengeldbezugs – ein Anspruch auf ungeschmälerte Fortzahlung der Sonderzahlungen gegenüber seinem AG zukommt. Der Sachverhalt im gegenständlichen Fall sei laut Berufungsgericht mit dem der E zu 10 ObS 95/24d ident. Die Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu.
Die außerordentliche Revision ist aus der Sicht des OGH zulässig, weil ein die Nichtigkeit eines Teils der angefochtenen E begründender Verstoß des Berufungsgerichts gegen die Grenzen seiner Überprüfungsbefugnis wahrzunehmen ist. Sie ist auch teilweise – teils iSd gestellten Aufhebungsantrags – berechtigt.
1. Mit Recht rügt der Kläger in seiner Revision, das die Klage zur Gänze abweisende Berufungsurteil verstoße gegen § 462 Abs 1 ZPO, wonach das Berufungsgericht die Entscheidung der ersten Instanz nur innerhalb der Grenzen der Berufungsanträge zu prüfen hat.
Auch im Rechtsmittelverfahren ist das Gericht nach ständiger Rechtsprechung an den Sachantrag der Partei gebunden (RS0041059). Dieser begrenzt die Kognitionsbefugnis des Rechtsmittelgerichts, wodurch die Pflicht zur Wahrung der Teilrechtskraft garantiert wird (vgl RS0007416; RS0041333 [T1]). Geht das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung über die Berufungsanträge hinaus, greift es mitunter in die Teilrechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung ein und verwirklicht damit einen (nicht in § 477 ZPO genannten) Nichtigkeitsgrund (RS0041170; RS0107779). […]
Im Weiteren ist zwischen der Behandlung beider Spruchpunkte des Ersturteils durch das Berufungsgericht zu unterscheiden:
1.1. Zum Wiedereingliederungsgeld (= Spruchpunkt 1 des Ersturteils):
Indem das Berufungsgericht die – in der Sache erkennbar auf Gewährung eines höheren als des bereits zuerkannten Wiedereingliederungsgeldes (und Krankengeldes) gerichtete – Klage zur Gänze abwies, überging es, dass die Beklagte den erstgerichtlichen 251 Zuspruch von Wiedereingliederungsgeld nur in Bezug auf den unterbliebenen (ausdrücklichen) Ausspruch über die gebotene Anrechnung der bereits gewährten Leistungen bekämpft hat; der Verpflichtung zur Leistung eines um den Sonderzahlungszuschlag von 17 % erhöhten Wiedereingliederungsgeldes als solcher ist sie in ihrer Berufung indes nicht entgegengetreten.
Im Umfang dieses unangefochten gebliebenen Zuspruchs, der nach dem unzweifelhaften Entscheidungswillen des Erstgerichts ohnedies (bloß) auf die Zuerkennung der sich nach Berücksichtigung des Zuschlags nach § 125 Abs 3 ASVG ergebenden Differenzbeträge (zusätzlich zum bereits gewährten Wiedereingliederungsgeld) gerichtet war, ist das Urteil des Berufungsgerichts daher als nichtig aufzuheben und der in diesem Umfang in Rechtskraft erwachsene Teil des Ersturteils mit der Maßgabe wiederherzustellen, dass der Leistungsbefehl um den offenbar versehentlich unterbliebenen Ausspruch über die gebotene Anrechnung der bereits gewährten Leistungen zu ergänzen ist.
1.2. Zum Krankengeld (= Spruchpunkt 2 des Ersturteils):
1.2.1. Die Beklagte beantragte in ihrer Berufung hinsichtlich des Zuspruchs von Krankengeld primär die Aufhebung dieses Spruchpunkts des Ersturteils wegen Nichtigkeit; damit erwuchs dieser zur Gänze nicht in Rechtskraft. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit, sodass es für das Revisionsverfahren auf dessen Behandlung des Eventualantrags auf Abänderung des Spruchpunkts 2 ankommt.
1.2.2. In ihrem hilfsweise gestellten Abänderungsantrag strebte die Beklagte nicht die gänzliche Abweisung des zugrunde liegenden Klagebegehrens an, sondern ließ vielmehr die im Ersturteil ausgesprochene Verpflichtung zur Gewährung eines höheren Krankengeldes in einem Teilumfang gegen sich gelten: Der Berufungsantrag zielte namentlich darauf ab, sie (nur) dazu zu verpflichten, dem Kläger (jeweils unter Anrechnung der bereits gewährten Leistungen) ein Krankengeld in Höhe von […] bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, jedoch maximal bis zur gesetzlichen Anspruchshöchstdauer zu gewähren.
Aus ihren darauf bezogenen Berufungsausführungen ergibt sich in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte die in den Entscheidungsgründen implizit zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht des Erstgerichts ausdrücklich unbekämpft lässt, wonach eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage des Krankengeldes nach Ende der Wiedereingliederungsteilzeit mittelbar jedenfalls bereits aus der Berücksichtigung des Sonderzahlungszuschlags von 17 % bei der Bemessung des Wiedereingliederungsgeldes folge, zumal das Krankengeld in dieser Fallkonstellation gemäß § 125 Abs 1a ASVG anhand der Summe des Wiedereingliederungsgeldes und des aliquot zustehenden Entgelts nach § 13a Abs 6 AVRAG bemessen werde. Sie wendet sich lediglich – unter Verweis auf eine sonst eintretende Überkompensation – gegen den erkennbaren Rechtsstandpunkt des Erstgerichts, die solcherart ermittelte Bemessungsgrundlage des Krankengeldes sei nochmals um den in Rede stehenden Zuschlag nach § 125 Abs 3 ASVG zu erhöhen. Darüber hinaus beanstandet sie nur die fehlende zeitliche Begrenzung des Zuspruchs von Krankengeld ab 1.1.2024 sowie neuerlich den unterbliebenen Ausspruch über die gebotene Anrechnung bereits gewährter Leistungen.
1.2.3. Ausgehend von dieser bloß eingeschränkten Bekämpfung der Entscheidung des Erstgerichts lag aber die Frage, ob bei der Bemessung des Wiedereingliederungsgeldes ein Sonderzahlungszuschlag von 17 % zu berücksichtigen ist, wodurch mittelbar auch eine Erhöhung des nach Ende der Wiedereingliederungsteilzeit zu gewährenden Krankengeldes bewirkt wird, außerhalb der Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts. Die gänzliche Abweisung des auf Erhöhung des Krankengeldes gerichteten Klagebegehrens durch das Berufungsgericht war, wie vom Kläger in der Revision zutreffend aufgezeigt, vom Berufungsantrag nicht gedeckt.
1.2.4. Die Verletzung der Bestimmung des § 462 Abs 1 ZPO begründet insoweit zwar – mit Blick auf die ausgeführte Nichtigkeitsberufung der Beklagten und den damit einhergehenden Aufhebungsantrag – keinen Eingriff in die Teilrechtskraft, wohl aber einen Verstoß gegen § 405 ZPO, der im Interesse der Rechtssicherheit im Einzelfall aufzugreifen ist (vgl RS0041122; weiters 5 Ob 164/22m Rz 18; – in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 462 Rz 1), zumal die Revision auf den Verstoß gegen § 462 ZPO ausdrücklich hingewiesen hat.
1.2.5. Dies führt zur entsprechenden teilweisen Abänderung der angefochtenen Entscheidung in Ansehung des Ausspruchs über die gänzliche Abweisung des Begehrens auf Gewährung von (höherem) Krankengeld. Der Zuspruch durch das Erstgericht war somit auch insoweit zum Teil, in den durch den Berufungsvortrag der Beklagten gesteckten Grenzen, wiederherzustellen, wobei neuerlich – bloß zur Klarstellung – ein ausdrücklicher Ausspruch über die gebotene Anrechnung der bereits gewährten Leistungen in den Tenor aufzunehmen war.
Von einer Verdeutlichung des Leistungsbefehls hinsichtlich seiner zeitlichen Grenzen war indes unter Bedachtnahme darauf abzusehen, dass gemäß § 100 Abs 1 lit a ASVG der Anspruch auf eine laufende Leistung in der Krankenversicherung ohne weiteres Verfahren erlischt, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch weggefallen sind, was beim Krankengeld etwa durch Zeitablauf (§ 139 ASVG) der Fall ist (10 ObS 40/20k ErwGr 1.2.), oder wenn Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nicht mehr vorliegt (10 ObS 84/21g Rz 11 mwN).
2. Soweit der Kläger demgegenüber in seiner Rechtsrüge eine Wiederherstellung des Ersturteils auch in Ansehung des darüber hinausgehenden Zuspruchs von Krankengeld anstrebt, so ist seiner Kritik an der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht zu folgen:
2.1. Er bringt sinngemäß vor, die vom Erstgericht vorgenommene Einrechnung des Zuschlags gemäß § 125 252 Abs 3 ASVG iVm § 21 Abs 2 der Satzung der Beklagten auch bei der Bemessung des Krankengeldes bewirke schon deshalb keine doppelte Berücksichtigung der – im Rahmen der Wiedereingliederungsteilzeit sehr wohl reduzierten – Sonderzahlungen und damit eine von der Beklagten ins Treffen geführte Überkompensation, weil das (durch den Sonderzahlungszuschlag bereits erhöhte) Wiedereingliederungsgeld nur einen Teil der Bemessungsgrundlage des Krankengeldes nach § 125 Abs 1a ASVG ausmache.
2.2. Diese Argumentation lässt außer Betracht, dass nach dem eigenen Prozessstandpunkt bloß während der Wiedereingliederungsteilzeit – im Umfang jenes Entgeltausfalls, den das Wiedereingliederungsgeld kompensieren sollte – kein Anspruch auf Weitergewährung ungekürzter Sonderzahlungen gegenüber dem Dienstgeber bestand. Nach dem Ende der Wiedereingliederungsteilzeit fehlte es demnach gerade wieder an einem Einkommensausfall des Klägers in Form geschmälerter Sonderzahlungen.
Nur ein solcher Einkommensausfall kann aber nach den in der jüngst ergangenen Entscheidung vom 8. Oktober 2024 zu 10 ObS 95/24d ausführlich dargelegten (in den Entscheidungen 10 ObS 75/24p [Rz 15 ff] und 10 ObS 109/24p [Rz 13 ff] bekräftigten) teleologischen Erwägungen – auf die bereits das Berufungsgericht Bezug genommen hat und denen auch der Kläger in seiner Revision nicht mehr inhaltlich entgegentritt – die Berücksichtigung eines pauschalen Sonderzahlungszuschlags nach § 125 Abs 3 ASVG rechtfertigen (vgl RS0135219). Für die vom Kläger angestrebte (weitere) Erhöhung der Bemessungsgrundlage des Krankengeldes ist daher in der vorliegenden Konstellation von vornherein kein Raum, sodass auf die weiteren Revisionsausführungen zur speziellen – für den Versicherten ungünstigen – Krankengeldbemessung nach § 125 Abs 1a ASVG nicht näher einzugehen ist.
In der vorliegenden E musste sich der OGH mit der prozessrechtlichen Frage zum Prüfungsumfang des Berufungsgerichts befassen. Die inhaltliche Einlassung zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage nach § 125 Abs 3 ASVG war nicht zentral für den Verfahrensausgang, wenngleich der OGH vor dem Hintergrund seiner jüngsten Judikatur zu § 125 Abs 3 ASVG auf die Argumentation des Kl einging.
§ 143d Abs 1 erster Satz ASVG regelt, dass das Wiedereingliederungsgeld sich aus dem erhöhten Krankengeld nach § 141 Abs 2 errechnet, wobei jene Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist, die für die Wiedereingliederungsteilzeit ursächliche Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen war oder heranzuziehen gewesen wäre.
Demnach sind auch die Bestimmungen über die Bemessungsgrundlage des Krankengeldes nach § 125 ASVG für die Berechnung des Wiedereingliederungsgeldes anzuwenden.
Bei einem unmittelbar an die Wiedereingliederungsteilzeit anschließenden Krankengeldanspruch ist gem § 125 Abs 1a ASVG als Bemessungsgrundlage die Summe aus dem aliquot zustehenden Entgelt und dem daneben bezogenen Wiedereingliederungsgeld heranzuziehen.
Gem § 125 Abs 3 ASVG sind die Sonderzahlungen bei der Bemessung der Barleistungen der KV in der Weise zu berücksichtigen, dass die Bemessungsgrundlage nach Abs 1 und 2 um einen durch die Satzung des Versicherungsträgers festzusetzenden Hundertsatz erhöht wird. Dieser beträgt gem § 21 Abs 2 der Satzung der Bekl 17 %. Dieser Zuschlag soll gewährleisten, dass die (entfallenden) Sonderzahlungen durch den DG auch bei den sozialversicherungsrechtlichen Geldleistungen aus der KV berücksichtigt werden.
Der OGH verwies in dem Zusammenhang auf seine Entscheidungen zu 10 ObS 95/24d vom 8.10.2024, 10 ObS 75/24p sowie 10 ObS 109/24p vom 19.11. 2024, in welchen aufgrund teleologischer Erwägungen, insb aufgrund der Einkommensersatzfunktion des Krankengeldes, dann kein Sonderzahlungszuschlag zu gewähren ist, wenn trotz Entfall des laufenden Entgelts die Sonderzahlungen aus dem Dienstverhältnis gesetzlich oder (kollektiv-)vertraglich weiterhin ungeschmälert zustehen. Aus diesem Grund prüfte der OGH für den Krankengeldanspruch ab Ende der Wiedereingliederungsteilzeit die Frage nicht, ob für die spezielle Bemessungsgrundlage gem § 125 Abs 1a ASVG die Erhöhung um den Zuschlag gem § 125 Abs 3 ASVG überhaupt analog (mangels ausdrücklicher gesetzlicher Verweisung in Abs 3) zur Anwendung gelangen könnte. Diese mE interessante Rechtsfrage musste der OGH im vorliegenden Fall also nicht beantworten und ist für die zukünftige Rechtsanwendung nicht abschließend geklärt.
Da für die Wiedereingliederungsteilzeit in der Regel nicht davon auszugehen ist, dass Einzel- oder Kollektivverträge die Sonderzahlungen in Höhe des Vollzeitentgelts aus dem Zeitraum vor dem letzten Krankenstand vorsehen, sondern diese sich gemäß der teilzeitbedingten Entgeltreduktion naturgemäß auch verringern, ist ein Entgeltentfall für die Sonderzahlungen gegeben, der beim Wiedereingliederungsgeld (während der Teilzeitbeschäftigung) mit dem Zuschlag gem § 125 Abs 3 ASVG zu berücksichtigen ist.
Aus verfahrensrechtlicher Sicht war die außerordentliche Revision insofern zulässig und berechtigt, als das Berufungsgericht über die Berufungsanträge hinaus inhaltlich entschieden hatte und ein Teil seiner Entscheidung damit nichtig war. Es ist in § 462 Abs 1 ZPO geregelt, dass das Berufungsgericht die Entscheidung des Gerichtes erster Instanz „innerhalb der Grenzen der Berufungsanträge“ überprüft. Da die Bekl bezüglich des Wiedereingliederungsgeldes nur die fehlende Anrechnung, nicht aber die vom Erstgericht entschiedene 253 Höhe des Tagsatzes, beanstandete, war das Urteil dahingehend als nichtig aufzuheben und das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen. Zur Klarstellung ergänzte der OGH im Spruch aber die Anrechnung der bereits gewährten Leistungen, die offenbar versehentlich im erstinstanzlichen Verfahren unterblieben war. Hinsichtlich des Krankengeldes wurde zwar die Erhöhung der Bemessungsgrundlage um die 17 % in der Berufung bestritten, jedoch die Höhe des Wiedereingliederungsgeldes (inkl Zuschlag) als Teil der Bemessungsgrundlage gem § 125 Abs 1a ASVG nicht von der Bekl beanstandet, weswegen eine diesbezügliche Korrektur zwar keinen Nichtigkeitsgrund, aber nach Ansicht des OGH einen Verstoß gegen § 405 ZPO darstellt. Nach dieser Bestimmung ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt wurde. Dementsprechend war auch hinsichtlich des Spruchpunktes zum Krankengeld ab 30.8.2023 eine teilweise Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts vorzunehmen.