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Schwerarbeit bei überwiegender Pflege von Personen mit besonderem Pflegebedarf

KRISZTINA JUHASZ
§ 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV

Die außerordentliche Revision der bekl Pensionsversicherungsanstalt richtet sich gegen das Urteil des OLG Wien als Berufungsgericht, wegen Feststellung von Schwerarbeitszeiten. Diese hat der OGH zurückgewiesen.

Die Kl war als Fachsozialbetreuerin-Altenarbeit im Rahmen eines mobilen Dienstes mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden (sechs Stunden täglich) und Fahrtzeiten von im Schnitt einer Stunde täglich beschäftigt. Im Verfahren wegen Feststellung von Schwerarbeitszeiten war strittig, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV erfüllt sind.

Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht werden, wie berufsbedingte Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, gelten nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV als besonders belastende Berufstätigkeiten. Nach stRsp stellt § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV nicht auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit ab, sondern knüpft an die psychische Belastung an, die sich aus dem besonderen Behandlungs- oder Pflegebedarf schwerstkranker Menschen in besonders schwierigen Lebenssituationen ergibt. Unabhängig davon, ob eine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird, liegt Schwerarbeit nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV dann vor, wenn tatsächlich und zumindest während der Hälfte der Normalarbeitszeit Pflegetätigkeiten – unmittelbarer Kontakt mit den zu pflegenden Personen – erbracht werden. Somit können auch Teilzeitbeschäftigte Schwerarbeitsmonate erwerben.

Der OGH hat bereits wiederholt betont, dass Schwerarbeit nur dann anerkannt werden kann, wenn der Versicherte der besonders belastenden Schwerarbeit auch tatsächlich ausgesetzt war. Schwerarbeit liegt daher dann vor, wenn entweder die Pflege der Personen mit besonderem Pflegebedarf zeitlich gesehen überwiegend erbracht wird oder sich das Überwiegen der iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV qualifizierten berufsbedingten Pflege aus der Anzahl der zu pflegenden Personen mit besonderem Behandlungs- und Pflegebedarf ergibt. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass auch die Pflege einzelner Personen mit besonderem Pflegebedarf so zeitintensiv sein kann, dass sie trotz gleichzeitiger Betreuung und Pflege mehrerer anderer Personen zeitlich überwiegt. In diesem Fall liegt ebenso wie bei der Pflege einer Mehrzahl von Personen mit erhöhtem Pflegebedarf eine „regelmäßige“ Pflege von Personen iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV und damit Schwerarbeit vor.

Im hier vorliegenden Fall stand fest, dass die Kl im relevanten Zeitraum überwiegend Personen gepflegt hat, die zumindest Pflegegeld der Stufe 5 oder höher bezogen haben und demgemäß besonderen Behandlungs- oder Pflegebedarf aufwiesen. Damit ist eine der beiden alternativen Voraussetzungen erfüllt. Nach den Ausführungen des OGH überzeugt die Bekl nicht, wenn sie meint, es müsse auch der konkrete Prozentsatz an gepflegten Personen mit zumindest Pflegegeldstufe 5 festgestellt werden, weil Schwerarbeit nur dann vorliege, wenn die diesem Prozentsatz entsprechende anteilige (reine) „Pflegezeit“ überwiege, also mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit der Kl betrage. Wenn sie den prozentuellen Anteil der Personen mit erhöhtem Pflegebedarf „linear“ auf die „Pflegezeit“ umlegt, geht die Bekl nämlich von der falschen Grundannahme aus, dass für jeden Patienten dieselbe Zeit aufzuwenden ist, dh für 50 % an Personen mit mindestens Pflegegeld der Stufe 5 auch 50 % der „Gesamtpflegezeit“ zu veranschlagen ist. Das ist aber nicht der Fall, weil der Pflegebedarf und damit auch der Zeitaufwand grundsätzlich mit zunehmender Pflegegeldstufe steigen, was wiederum Indikator für eine besondere psychische Belastung ist.