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Schwerarbeitszeiten eines Bäckermeisters und Geschäftsführers

ALEXANDER DE BRITO
§ 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV

Der Kl war als Bäckermeister und Geschäftsführer einer GmbH tätig. Seine tägliche Arbeitszeit betrug durchschnittlich 11,5 Stunden an sechs Tagen der Woche. Von seiner täglichen Arbeitszeit entfielen rund 8 Stunden auf handwerkliche Tätigkeiten in der Backstube und 3,5 Stunden auf administrative, organisatorische und Bürotätigkeiten als Geschäftsführer. Er hatte dabei im Wesentlichen einen Rhythmus mit einer immer gleichen Arbeitszeitverteilung: Freitag und Samstag begann er zwischen 22:00 264 und 23:00 Uhr und Montag bis Donnerstag gegen 00:30 Uhr zu arbeiten. Er arbeitete sodann jeweils bis 07:30 Uhr. Vormittags und nachmittags erledigte er noch administrative Bürotätigkeiten samt Abrechnung der Registrierkasse in der Dauer von zusammen etwa 3,5 Stunden pro Tag. Vereinzelt war der Kl auch nur untertags tätig, wobei nicht festgestellt werden konnte, ob diese Tagdienste vor, nach oder zwischen zumindest sechs Nachtdiensten stattgefunden haben.

Mit Bescheid lehnte die Bekl die Anerkennung von Schwerarbeitsmonaten ab. In seiner dagegen eingebrachten Klage brachte der Kl vor, dass er durch die Lage der Arbeitsschichten im Schicht- bzw Wechseldienst gearbeitet hätte und er daher Schwerarbeit iSd SchwerarbeitsV geleistet hätte.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die besonders belastenden Arbeitsbedingungen, die zur Annahme von Schwerarbeitsmonaten führten, lägen in der unregelmäßigen Nachtarbeit im Rahmen eines Schicht- oder Wechseldienstes, die notwendigerweise einen Wechsel zwischen Tag- und Nachtdienst voraussetze. Dazu sei es hier nicht gekommen, weil der Kl reine Nachtarbeit geleistet habe. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Zwar habe der Kl sowohl in der Nacht als auch am Tag gearbeitet; § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV sei jedoch in ein arbeitszeitrechtliches Regime eingebettet, sodass zwischen den wechselnden Diensten jeweils eine dem § 12 AZG bzw § 7 BäckAG 1996 entsprechende Ruhezeit (von 11 Stunden) liegen müsse. Diese sei bei einer Tätigkeit des Kl sowohl in der Nacht als auch vormittags und nachmittags nicht eingehalten worden. Die Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil die Frage, ob auch regelmäßig über den gesamten Kalendertag verteilte Arbeitsleistungen ohne Ruhezeit davor und danach von § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV erfasst seien, in der Rsp des OGH bislang nicht geklärt sei.

Dagegen richtet sich die Revision des Kl mit dem Antrag, der Klage stattzugeben.

Die Revision war zulässig, weil den Vorinstanzen eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen war. Sie ist aus diesem Grund auch berechtigt.

Der Kl stützt sich im Revisionsverfahren nur mehr auf § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV. Nach dieser Bestimmung gelten Tätigkeiten dann als besonders belastend bzw als Schwerarbeit, wenn sie in einem Schicht- oder Wechseldienst auch während der Nacht (unregelmäßige Nachtarbeit), dh, zwischen 22:00 und 06:00 Uhr, jeweils im Ausmaß von mindestens sechs Stunden und zumindest an sechs Arbeitstagen im Kalendermonat erbracht werden, sofern in diese Arbeitszeit nicht überwiegend Arbeitsbereitschaft fällt. Nach stRsp stellt reine Nachtarbeit kein Belastungsmoment iSd SchwerarbeitsV dar, das zum Vorliegen von Schwerarbeit führt. Die besonders belastenden Arbeitsbedingungen bestehen vielmehr in der unregelmäßigen Nachtarbeit im Rahmen eines Schicht- oder Wechseldienstes, die notwendigerweise einen Wechsel zwischen Tagdienst und Nachtdienst voraussetzt. Es muss daher ein Schicht- oder Wechseldienst erbracht werden, dh, es muss vor, nach oder zwischen den sechs Nachtdiensten zumindest ein Wechsel zu einem Tagdienst stattfinden.

Der OGH hat dazu schon klargestellt, dass § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV auf „einzelne“ Dienste abstellt und der Wortlaut der Bestimmung eine Teilung eines Dienstes in verschiedene Abschnitte nicht zulässt. Werden Dienste immer am Tag (zu gleicher Zeit) begonnen und in jedem dieser Dienste auch Nachtarbeit erbracht, liegt daher kein Wechsel von einem Tag- zu einem Nachtdienst, sondern „nur“ ein (einheitlicher) Dienst vor. Das Vorliegen eines Dienstes iSd § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV während der Nacht setzt voraus, dass zwischen 22:00 und 06:00 Uhr im Ausmaß von mindestens sechs Stunden gearbeitet wird. Ein Dienst ist nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung daher (nur) dann ein Nachtdienst, wenn innerhalb der angegebenen Uhrzeiten zumindest sechs Stunden gearbeitet wird. Trifft das nicht zu, ist der (einheitliche) Dienst ein Tagdienst, auch wenn Arbeit in der Nacht geleistet wird. Nach der Konzeption des § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV ist ein Dienst daher entweder ein Nachtdienst, wenn die Tätigkeit zeitlich entsprechend gelagert ist, oder, wenn die Voraussetzungen des Nachtdienstes nicht erfüllt sind, ein Tagdienst.

Hier hat der Kl an den ersten vier Tagen seiner Arbeitswoche (Montag bis Donnerstag) ab 00:30 Uhr gearbeitet. Damit hat er bis 06:00 Uhr die nach § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV erforderliche Arbeitszeit von sechs Stunden nicht erreicht. Diese Dienste sind daher jeweils Tagdienste. In den darauffolgenden zwei Tagen (Freitag und Samstag) begann seine Tätigkeit in der Backstube ab 22:00 und 23:00 Uhr und wurde gegen 07:30 Uhr beendet, sodass er bis 06:00 Uhr zumindest 6 Stunden gearbeitet hat. Die Dienste am Freitag und Samstag sind daher jeweils Nachtdienste. Vor diesem Hintergrund stellt sich die vom Berufungsgericht formulierte Zulassungsfrage nicht, weil der Kl am Sonntag, also nach den zwei Nachtdiensten am Freitag und Samstag, nicht gearbeitet hat und damit unter Einhaltung der Ruhezeiten ein Wechsel zu den am Montag beginnenden vier Tagdiensten stattgefunden hat. Zusammenfassend wechselte der Kl wöchentlich von zwei Nacht- zu vier Tagdiensten, wobei dazwischen ein ganzer Tag Ruhezeit lag. Der für die Annahme unregelmäßiger Nachtarbeit erforderliche Wechsel zwischen Tag- und Nachtdienst liegt daher vor.

Der Revision war daher Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen im klagestattgebenden Sinn abzuändern.265