Alon/Göschl (Hrsg)Praxishandbuch Whistleblowing. Fragen und Antworten zur Implementierung von Hinweisgebersystemen
Linde Verlag, Wien 2024, 120 Seiten, kartoniert, € 33,-
Alon/Göschl (Hrsg)Praxishandbuch Whistleblowing. Fragen und Antworten zur Implementierung von Hinweisgebersystemen
Die Herausgeber:innen des vorliegenden Buches, Nathalie Alon und Patrick Göschl, sowie die weiteren fünf Autor:innen sind alle bei PwC Österreich bzw „PwC Legal“ tätig und dort mit vielfältigen Bereichen befasst, die im betrieblichen Alltag von höchster Bedeutung sind. Diese reichen von Compliance über Datenschutz, Forensik und Arbeitsrecht, bis hin zur Implementierung von Whistleblowing-Systemen. Ausweislich der Angaben im Vorwort haben die Autor:innen in den letzten Jahren zahlreiche nationale und internationale Unternehmen bei der Konzeptionierung, der Implementierung und dem Betrieb von Whistleblowing-Systemen begleitet und wurden dabei immer wieder mit ähnlichen Fragestellungen konfrontiert. Auf Basis dieser Erfahrungen ist das vorliegende Praxishandbuch entstanden, welches auch als Wegweiser für die effektive Gestaltung von Whistleblowing-Systemen dienen soll. Dieser Zielsetzung wird das Werk – welches viele Praxishinweise und Praxisbeispiele enthält – voll gerecht.
Nach einer kurzen Einführung in das Thema widmet sich das 2. Kapitel dem HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG), durch welches die Whistleblowing-Richtlinie (WB-RL) umgesetzt wurde. Ausführlich wird auf den persönlichen Geltungsbereich des HSchG eingegangen und in diesem Zusammenhang – auch anhand von Beispielen – dargelegt, dass nicht nur unmittelbare Whistleblower durch dieses Gesetz geschützt werden. In der Folge stellen die Autor:innen den sachlichen Anwendungsbereich der WB-RL einerseits und jenen des HSchG andererseits gegenüber und halten fest, dass sich der österreichische Gesetzgeber – im Gegensatz zu anderen Staaten – für eine nur kleinere Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs entschieden hat. Bedauerlich ist aus Sicht der Rezensentin, dass etwa Meldungen von Verstößen gegen das AN-Schutzrecht oder betreffend Diskriminierungen nicht vom Anwendungsbereich des HSchG abgedeckt sind. Die Autor:innen weisen allerdings darauf hin, dass es jedem Unternehmen freisteht, den Kreis der Meldethemen durch interne Richtlinien zu erweitern und bieten dazu eine Liste von Beispielen an. Sie geben jedoch auch zu bedenken, dass es dabei einige arbeits- und datenschutzrechtliche Besonderheiten zu beachten gilt. Ausführungen etwa zur Berechnung der Beschäftigtenanzahl als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des HSchG runden dieses Kapitel ab.
Kapitel 3 befasst sich mit der erfolgreichen Implementierung eines Whistleblowing-Systems. Im Zusammenhang mit der Erläuterung der rechtlichen Voraussetzungen sind für die Rezensentin naturgemäß die arbeitsrechtlichen Aspekte von besonderem Interesse. Es geht etwa darum, wie der BR in die Implementierung eines Whistleblowing-Systems einzubinden ist. In diesem Zusammenhang wird überblicksweise auf einschlägige Betriebsvereinbarungstatbestände eingegangen. Im Mittelpunkt steht hierbei § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG. Danach prüfen die Autor:innen anhand einschlägiger Literaturstimmen die Frage, ob die Implementierung eines Whistleblowing-Systems den Abschluss einer BV notwendig macht. Auch die Regelung des § 10 AVRAG wird behandelt.
Besondere Bedeutung kommt im gegenständlichen Kontext dem Datenschutzrecht, insb der DSGVO, zu. Die einschlägigen Erlaubnistatbestände der DSGVO für die Verarbeitung personenbezogener Daten werden genauso einer Betrachtung unterzogen wie ua die datenschutzrechtlichen Informationspflichten gegenüber dem Whistleblower. Auf Fragen im Zusammenhang mit Whistleblowing im Konzern folgen Ausführungen zum Whistleblowing Officer, wobei die Thematik mit Tabellen übersichtlich veranschaulicht wird. Pkt 3.3. widmet sich den Reporting-Prozessen. Hilfreich ist dabei das exemplarische Beispiel eines solchen Reporting-Prozesses vom Meldeeingang bis zur Archivierung und Löschung der personenbezogenen Daten. Pkt 3.4. hat die technische Implementierung von Meldekanälen zum Inhalt. Hier spielt wiederum ua die Datensicherheit eine entscheidende Rolle. Wichtig für die betriebliche Praxis sind die Ausführungen der Autor:innen dazu, mit welchen Maßnahmen das Vertrauen der Mitarbeiter des Unternehmens in das Whistleblowing-System gewonnen werden kann.
Kapitel 4 hat den laufenden Betrieb des Whistleblowing-Systems zum Gegenstand; hierbei geht es etwa um die Stichhaltigkeitsprüfung von Hinweisen, die Kommunikation mit Whistleblowern sowie den Datenschutz. Wiederum wird auch auf arbeitsrechtliche Fragen eingegangen. Wichtig ist hier ua § 20 HSchG, welcher Schutzbestimmungen für Whistleblower vor Vergeltungsmaßnahmen enthält. Bezüglich § 23 HSchG betreffend die Herabsetzung des Beweismaßes hegen die Autor:innen berechtigte Zweifel daran, ob hier Art 21 WB-RL korrekt umgesetzt wurde und verdeutlichen dies auch anhand eines Beispiels. Checklisten und Arbeitshilfen runden das Werk ab.
Insgesamt bleibt festzuhalten: Allen, die sich mit Fragen des Whistleblowings in der Praxis beschäftigen (müssen), ist die Anschaffung dieses Buches sehr zu empfehlen!