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Pflegeelternkarenz: Klagsabweisung mangels Rechtsschutzbedürfnis, wenn beantragter Zeitraum zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits in der Vergangenheit liegt

CHRISTINA NEUNDLINGER
OGH, 19.3.2025, 9 ObA 7/25g

Die Kl ist bei der Bekl als Vertragsbedienstete beschäftigt. Mit Schreiben vom 8.2.2024 lehnte die Bekl den Antrag der Kl auf Gewährung von Pflegeelternkarenz ab. Mit ihrer am 24.5.2024 eingebrachten Klage begehrt die Kl die Bekl schuldig zu erkennen, ihr für den Zeitraum 1.3. bis 28.11.2024 Pflegeelternkarenz nach § 15c MSchG zu gewähren.

Das stattgebende Ersturteil wurde durch das Berufungsgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung aufgehoben. Gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richteten sich die Rekurse beider Parteien. Der OGH wies die Klage iSd Rekursbegehrens der Bekl aus folgenden Erwägungen ab:

Der OGH kann gem § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO über einen Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen, wenn die Sache zur Entscheidung reif ist, wobei diese Entscheidung auch zum Nachteil des Rekurswerbers ausfallen kann. Eine derartige Sachentscheidung des OGH verstößt nicht gegen das Verschlechterungsverbot.

Das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses ist auch für Leistungsklagen Voraussetzung für die gerichtliche Geltendmachung jedes Anspruchs. Fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

Es fehlt der Kl an einem Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Zeitraum, für den ein Leistungsbegehren erhoben wird, in der Vergangenheit liegt, sodass die Bekl diesem Begehren nicht mehr entsprechen könnte. Es ist nämlich nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen, über bloß theoretisch bedeutsame Fragen abzusprechen.

Da hier der Zeitraum, für den die Kl die Gewährung der Karenz begehrt, bereits zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in der Vergangenheit liegt, könnte die Bekl diesem Begehren auch bei Klagsstattgabe im zweiten Rechtsgang nicht mehr entsprechen. Das Begehren wäre auch nicht vollstreckbar, weshalb der Kl ein Rechtsschutzanspruch für dieses Begehren fehlt. 235